Nanotechnologie: Nanoröhrchenzucht nach dem Reinheitsgebot
Sie gelten als der Inbegriff der Nanotechnologie – Nanoröhrchen aus einer wabenförmigen Anordnung von Kohlenstoffatomen. Sie könnten nicht nur neuartigen Materialien eine höhere Zugfestigkeit verleihen, sondern auch als Sensor dienen oder in Chips der nächsten Generation zum Einsatz kommen. Kürzlich demonstrierten Wissenschaftler beispielsweise, wie sich mit Hilfe der Röhrchen das "schwärzeste Schwarz" der Welt erzeugen lässt.
Doch für viele dieser Anwendungen ist es entscheidend, dass nur bestimmte der mehr als 100 möglichen Röhrchenarten verbaut werden. Beispielsweise gibt es solche, die Strom wie Metalle leiten, und solche, die sich wie Halbleiter verhalten. Grund dafür ist die Anordnung der Atome – der "Zuschnitt" des Wabengitters. Es kann beispielsweise einen zickzackförmigen Abschluss an der Röhrchenöffnung aufweisen oder einen getreppten, wodurch sich die Waben spiralförmig um das Röhrchen herumwinden.
Weil aber je nach Herstellungsmethode immer nur ein mehr oder weniger ausgeprägter Sortenmix entsteht, muss anschließend unter hohem Aufwand Erwünscht von Unerwünscht separiert werden. Ein Missstand, der einem großflächigen Einsatz der Technologie bislang entgegenstand. Ihn wollen nun Forscher um Roman Fasel von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in Zürich behoben haben: Mit ihrer Technik soll bei der Herstellung künftig nur noch eine – die gewünschte – Röhrchenart entstehen.
Wachstum nach Maß
Dazu setzen sie auf maßgeschneiderte Vorläufermoleküle. Sie dienen als "Wachstumskeim" für die angestrebte Röhrchenart. Auf einer Platinoberfläche, die als Katalysator für das Wachstum der Röhrchen fungiert, wölben sich die Vorläufermoleküle zu dreidimensionalen Endkappen auf. Ihr unterer Rand steuert anschließend präzise, wie sich Kohlenstoff aus der Umgebung anlagern kann und welche Form dadurch der immer länger werdende Schlauch annimmt.
Derzeit haben die Schweizer Forscher lediglich das Vorläufermolekül für eine Nanoröhrchensorte erprobt, erläutert der nicht an der Studie beteiligte Chemiker James Tour von der Rice University in Houston in einem begleitenden Kommentar. Aber die Arbeit lege nahe, dass für jede gewünschte Art die entsprechenden Vorläufer entworfen und hergestellt werden könnten. Der Arbeitsgruppe sei ein "brillanter Durchbruch" bei einem Problem gelungen, nach dessen Lösung man zwei Jahrzehnte gesuchthabe.
Ihre Praxistauglichkeit muss die Technik allerdings erst noch unter Beweis stellen: Die Synthese der rund 150 Atome großen Vorläufermoleküle ist aufwändig und damit möglicherweise zu teuer, außerdem ist die Ausbeute noch nicht ideal – nur aus rund der Hälfte der Wachstumskeime entstehen am Ende Röhren.
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