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Anästhesie: Narkose schadet der Entwicklung

Kinder, die vor ihrem vierten Geburtstag mehrfach Anästhetika bekommen, zeigen häufiger Lernschwierigkeiten.
Wer in den ersten Lebensjahren mehr als einmal unter Vollnarkose operiert wird, leidet im Schulalter eher unter Lernschwierigkeiten. Das fanden Forscher um den Anästhesisten Robert Wilder vom der Mayo Clinic in Rochester (US-Bundesstaat Minnesota) heraus.

Die Wissenschaftler werteten die Kranken- und Schulakten von über 5000 Kindern aus, die zwischen 1976 und 1982 geboren wurden. Darunter machten sie jene ausfindig, die vor ihrem vierten Geburtstag im Rahmen einer Operation eine oder mehrere Vollnarkosen erhalten hatten. Zudem berechneten die Forscher anhand der Resultate von Lese-, Rechtschreib- und Mathetests, ob die Kinder vor ihrem 19. Lebensjahr mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen hatten.

Ergebnis: Wer zwischen dem ersten und vierten Geburtstag mehrfach betäubt worden war, entwickelte später doppelt so oft Lernschwierigkeiten wie Kinder, die nie eine Narkose gebraucht hatten. Die einmalige Gabe von Anästhetika im Kleinkindalter hinterließ dagegen offenbar keine Schäden.

Das sich entwickelnde Gehirn reagiere sehr sensibel auf Arzneimittel, erklären die Forscher, da in den ersten Lebensjahren die Neurone besonders viele Verbindungen untereinander aufbauten. Experimente an Nagern und Primaten hatten zuvor schon gezeigt, dass Schmerz- und Betäubungsmittel wie etwa Lachgas die Hirnentwicklung von Jungtieren schädigen, die anschließend unter anderem schlechter lernen.

Allerdings sei mit der Studie noch nicht bewiesen, dass die frühen Narkosen allein für die Lernprobleme verantwortlich seien, räumen die Forscher ein. Auch der körperliche Stress, den eine Operation mit sich bringe, oder die gesundheitlichen Einschränkungen, die den Eingriff überhaupt erst nötig machten, könnten eine Rolle gespielt haben. (cw)


Wilder, R. T. et al.:Early Exposure to Anesthesia and Learning Disabilities in a Population-based Birth Cohort. In: Anesthesiology 110(4), S. 796-804, 2009.

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