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Barfuß laufen: Natürlich gut beschuht

Optisch ist sie nicht gerade der Hit: Hornhaut am Fuß. Doch die natürlichen Schuhsohlen sind Hightech-Tretern überlegen und machen uns weder unsensibel noch schwerfällig.
Barfuß

Barfuß wären es nur ein paar Meter bis zum See – aber würden die spitzen Kieselsteinchen den Weg nicht zur Qual machen? Wohl schon, und dagegen würde nicht einmal Abhärtung durch dauerndes Barfußlaufen helfen, meint ein Team um den Evolutionsbiologen und Fußanatomie-Experten Daniel Liebermann von der Harvard University. Denn: Würden wir keine Schuhe tragen, bekämen wir zwar dickere und härtere Hornhaut – diese macht unsere Füße aber keineswegs weniger sensibel, schreibt das Forscherteam im Fachjournal »Nature«.

Die Lösung der Natur zum Schutz unserer Füße ist die Hornhaut: Sie besteht aus Zellen der Oberhaut, die – wenn sie stark beansprucht wird – an bestimmten Stellen dicker und härter wird. So haben Menschen, die überwiegend barfuß gehen, an Ferse und Fußballen etwa 30 Prozent dickere Hornhaut als »beschuhte« Personen, wie das Team um Liebermann anhand von mehr als 70 Testpersonen aus Kenia und den USA feststellte. Ihr eigentliches Forschungsziel war allerdings herauszufinden, ob dickhäutige Füße auch unsensibler sind – und so kitzelte das Forscherteam im Experiment mit speziellen Vibratoren und analysierte die Reaktion der (freiwilligen) Kandidaten. Wie sich zeigte, waren passionierte, dickhornhäutige Barfußgänger etwa genauso empfindlich wie Menschen, die normalerweise Schuhe tragen. Andere Faktoren hatten einen größeren Einfluss auf die Sensitivität. Beispielsweise hatten Frauen in der Studie sensiblere Füße als Männer. Und: Je älter eine Person war, desto weniger spürte sie die elektrischen Vibrationen an ihrer Hornhaut.

Barfuß laufende Sportler dürfte zudem interessieren, dass die Dicke der Hornhautschwielen nicht unmittelbar beeinflusst, wie der Fuß auf dem Boden aufkommt – anders als Laufschuhe mit dämpfender Sohle, die heutzutage viele Menschen tragen. Gut dämpfende Schuhe sollen Stöße abfedern, die beispielsweise beim Joggen besonders stark sein können. Das Team um Liebermann beschäftigt sich mit der Frage, ob wir das überhaupt brauchen – oder dickere Hornhaut diese Aufgabe vielleicht ebenso gut erfüllen. Deshalb untersuchten die Forscher den »Auftritt« ihrer Probanden, wenn diese über eine Kraftmessplatte oder auf speziellen Laufbändern gingen. Aus ihren Messdaten schließen die Forscher, dass die Dicke der Hornhaut keinerlei Einfluss auf die Kräfte hat, die wirken, wenn man den Fuß aufsetzt. Das Schuhwerk hingegen schon: Mit stark gepolsterten Schuhen traten die Personen mit 2,5 bis dreimal höherer Kraft auf als mit ungedämpften Modellen – oder ganz »unten ohne«.

Die Forschergruppe – die sich seit Langem mit der Evolution des Menschen zum Läufer beschäftigt – meint, unsere Hornhaut sei ideal auf unsere Anforderungen bei der Fortbewegung angepasst, ohne dabei an Feinfühligkeit einzubüßen. Trotz der dickeren Haut spüren wir daher offenbar genau, wo wir hintreten können – und wo besser nicht. Weil wir früher immer barfuß unterwegs waren, haben sich auch unsere Muskeln, Gelenke und Knochen auf die Bewegung eingestellt. Was geschieht also, wenn wir ihnen bei jedem Schritt mehr Belastung zumuten – und uns aber insgesamt weniger bewegen? Um das zu beantworten, sind laut den Forschern weitere Untersuchungen notwendig. Das Team um Liebermann plädiert für minimale Fußbekleidung statt vollgepolsterter Sportschuhe. Sie meinen, Sandalen oder Mokassins mit relativ dünner, steifer Sohle, die der Hornhaut nachempfunden sind, seien besser für unseren Alltag geeignet. Im Sport erfreuen sich Schuhe mit wenig Dämpfung – und das Barfußlaufen – bereits zunehmender Beliebtheit.

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