Biogeografie: Navi-Fehler brachte Weißen Hai ins Mittelmeer
Ein Navigationsfehler vor 450 000 Jahren brachte den Weißen Hai (Carcharodon carcharia) ins Mittelmeer. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der University of Aberdeen nach Erbgutanalysen an mehreren im Mittelmeer gefangenen Raubfischen. Die Forscher konnten nachweisen, dass die Vorfahren der heutigen Haipopulationen in den Gewässern um Australien und Neuseeland lebten.
Eigentlich hatten die Wissenschaftler um Leslie Noble erwartet, dass das Erbgut der Mittelmeerhaie größere Ähnlichkeit mit den Tieren im Atlantischen Ozean haben müsste. Das "Hereinschlüpfen" aus dem Atlantik durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer wirkt auf den ersten Blick als die überzeugendere Theorie zur Einwanderung der Raubfische. Doch die Erbgutuntersuchungen ergaben, dass die nächsten Verwandten der Tiere viele tausend Seemeilen entfernt leben. Vor rund 450 000 Jahren müssen demnach einige Tiere ihren Weg ins Mittelmeer gefunden haben. Eine Reise, die sich nicht mit dem natürlichen Wandertrieb der Tiere erklären lässt, auch wenn Weiße Haie für ihre ausgedehnten Reisen bekannt sind.
Stattdessen begünstigten wohl ungewöhnliche Strömungsverhältnisse einen Navigationsfehler verantwortlich. Denn damals änderten einige der wichtigsten Meeresströmungen ihre Richtung – ein Phänomen, das Wissenschaftler mit dem Wechsel zwischen Eiszeit und Warmzeit in Verbindung bringen. Statt ihrem üblichen Wanderweg zwischen Afrika und Australien zu folgen, gerieten einige Haie in eine Strömung, die sie entlang der Westküste Afrikas nach Norden führte. Als die Strömung schwächer wurde, versuchten die Tiere, ihren üblichen Kurs Richtung Osten wieder aufzunehmen. Und der erste Weg, der sich ihnen dabei öffnete, war die Straße von Gibraltar.
"Es handelte sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den historischen Navigationsfehler einiger trächtiger Weibchen in einer Zeit globaler Klimaumwälzungen", fasst Cathy Jones, eine der am Projekt beteiligten Wissenschaftlerinnen, die Ergebnisse zusammen. "Als die Haie erst einmal im Mittelmeer angekommen waren, sorgten die vielen Halbinseln und Meereskanäle dafür, dass die Tiere hier wie in einer Falle gefangen waren."
Für ein rasches Anwachsen der Population sorgte auch eine Eigenart, die Weiße Haie mit Lachsen teilen. "Haiweibchen kehren zur Geburt ihrer Jungen an ihren eigenen Geburtsort zurück", so Jones. "Nachdem einmal eine Generation im Mittelmeer geboren war, konnten sich die Haie hier zu einer festen Größe entwickeln." Eine Größe, die heute allerdings akut bedroht ist. Da es keine nennenswerte Zuwanderung aus dem Atlantik gibt, wird der vergleichsweise kleinen Population im Mittelmeer durch Überfischung oder Umweltverschmutzung stark zugesetzt. (tt)
Eigentlich hatten die Wissenschaftler um Leslie Noble erwartet, dass das Erbgut der Mittelmeerhaie größere Ähnlichkeit mit den Tieren im Atlantischen Ozean haben müsste. Das "Hereinschlüpfen" aus dem Atlantik durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer wirkt auf den ersten Blick als die überzeugendere Theorie zur Einwanderung der Raubfische. Doch die Erbgutuntersuchungen ergaben, dass die nächsten Verwandten der Tiere viele tausend Seemeilen entfernt leben. Vor rund 450 000 Jahren müssen demnach einige Tiere ihren Weg ins Mittelmeer gefunden haben. Eine Reise, die sich nicht mit dem natürlichen Wandertrieb der Tiere erklären lässt, auch wenn Weiße Haie für ihre ausgedehnten Reisen bekannt sind.
Stattdessen begünstigten wohl ungewöhnliche Strömungsverhältnisse einen Navigationsfehler verantwortlich. Denn damals änderten einige der wichtigsten Meeresströmungen ihre Richtung – ein Phänomen, das Wissenschaftler mit dem Wechsel zwischen Eiszeit und Warmzeit in Verbindung bringen. Statt ihrem üblichen Wanderweg zwischen Afrika und Australien zu folgen, gerieten einige Haie in eine Strömung, die sie entlang der Westküste Afrikas nach Norden führte. Als die Strömung schwächer wurde, versuchten die Tiere, ihren üblichen Kurs Richtung Osten wieder aufzunehmen. Und der erste Weg, der sich ihnen dabei öffnete, war die Straße von Gibraltar.
"Es handelte sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den historischen Navigationsfehler einiger trächtiger Weibchen in einer Zeit globaler Klimaumwälzungen", fasst Cathy Jones, eine der am Projekt beteiligten Wissenschaftlerinnen, die Ergebnisse zusammen. "Als die Haie erst einmal im Mittelmeer angekommen waren, sorgten die vielen Halbinseln und Meereskanäle dafür, dass die Tiere hier wie in einer Falle gefangen waren."
Für ein rasches Anwachsen der Population sorgte auch eine Eigenart, die Weiße Haie mit Lachsen teilen. "Haiweibchen kehren zur Geburt ihrer Jungen an ihren eigenen Geburtsort zurück", so Jones. "Nachdem einmal eine Generation im Mittelmeer geboren war, konnten sich die Haie hier zu einer festen Größe entwickeln." Eine Größe, die heute allerdings akut bedroht ist. Da es keine nennenswerte Zuwanderung aus dem Atlantik gibt, wird der vergleichsweise kleinen Population im Mittelmeer durch Überfischung oder Umweltverschmutzung stark zugesetzt. (tt)
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