Archäologie: Neandertaler doch kulturell rückständig?
Über 100000 Jahre lang hatten die Neandertaler Europa für sich. Doch vor rund 40000 Jahren drang der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens sapiens) aus dem östlichen Mittelmeerraum ins Innere des Kontinents vor. Was dann geschah und warum die Neandertaler bald danach ausstarben, ist umstritten: Vermischten sich die beiden Arten? Übernahmen die Neandertaler kulturelle Errungenschaften von ihren jüngeren Verwandten oder vielleicht umgekehrt?
Funde in der Grotte du Renne in Frankreich schienen zu belegen, dass die Frühmenschen mit den markanten Überaugenwülsten auch bereits komplizierte Werkzeuge und Schmuck herstellten und somit fortgeschrittene Kulturtechniken beherrschten. Neandertalerzähne, Knochen- und Steinwerkzeuge sowie verzierte Objekte befinden sich dort in derselben archäologischen Schicht. Versuche, per Radiokarbondatierung das Alter der Objekte zu bestimmen, lieferten keine klaren Ergebnisse. Dennoch schlossen Forscher aus dem gemeinsamen Vorkommen der Fundstücke, dass sie altersmäßig zusammengehören.
Hochgenaue massenspektroskopische Beschleuniger-Radiokarbondatierungen säen nun jedoch Zweifel an dieser Annahme. Ein Team um Thomas Higham von der University of Oxford hat 59 Proben aus mehreren Ablagerungsschichten der Ausgrabungsstätte analysiert. Sie stammen demnach aus einem Zeitraum zwischen 49000 und 32000 v. Chr. Außerdem sind einige zu jung für die Ablagerungsschicht, in der sie ausgegraben wurden, andere dagegen zu alt. Demnach gab es anscheinend eine Durchmischung der Schichten durch Erdrutsche oder andere äußere Einwirkungen. Aus den Fundstücken Schlüsse auf die kulturellen Fertigkeiten der Neandertaler zu ziehen ist somit fragwürdig.
Manuela Kuhar
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