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Ernährung: Neandertaler lebten zu einem Fünftel von Pflanzen

In Knochenresten von Neandertalern und damals lebenden Raubtieren haben Forscher eine deutlich unterschiedliche Ernährung nachgewiesen - sie war anders als bisher gedacht.
Neandertaler

Inwiefern die Neandertaler neben Fleisch auch Pflanzen gegessen haben, wird in der Forschung seit Längerem diskutiert. Wissenschaftler des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) in Tübingen haben nun ein weiteres Puzzlestein zur Klärung dieser Frage beigetragen: Laut ihren Untersuchungen des Kollagens in den Knochen von Urmenschen stand auch pflanzliche Kost auf deren Speiseplan.

Das hatten schon zuvor Untersuchungen des Gebisses von Neandertalern ergeben: Amanda Henry vom Smithsonian National Museum of Natural History in Washington und ihre Kolleginnen fanden 2010 Überreste pflanzlicher Speisen in den Zähnen verschiedener Neandertaler, die einst auf dem Gebiet der heutigen Staaten Irak und Belgien lebten. Im Zahnstein zwischen den Zähnen der untersuchten Neandertaler aus dem Nahen Osten fanden die Forscher unter anderem fossile Überreste von Datteln, Hülsenfrüchten und Samen verschiedener Gräser, in jenen aus Europa neben Grassamen auch Stärkekörner, die vom Verzehr von Seerosenwurzeln stammen könnten.

Nun wurde laut Studienleiter Hervé Bocherens erstmals quantitativ ermittelt, wie groß der Anteil pflanzlicher Nahrung der späten Neandertaler war: Etwa 20 Prozent ihrer Ernährung hat pflanzliche Kost ausgemacht. "Eine ähnliche Ernährung wird auch für steinzeitliche moderne Menschen angenommen." Die Untersuchung von bis zu 45 000 Jahre alten Knochen sowohl von Mammuts, Wollnashörnern, Wildpferden, Rentieren und Wisenten als auch von Neandertalern zeigte zudem, dass sich die Neandertaler anders ernährten als die Raubtiere ihrer Zeit. Auch das ist neu: "Früher ist man davon ausgegangen, dass die Neandertaler dieselben Nahrungsquellen nutzten wie ihre tierischen Nachbarn", erklärt Bocherens. Offenbar lebten die Neandertaler von den großen Pflanzenfressern wie Mammut und Wollnashorn, während sich die Raubtiere in der Regel kleinere Beutetiere wie Wildpferde und Wisente suchten.

Man könne von einer abwechslungsreicheren Ernährung ausgehen als bisher gedacht, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Die Überschrift der zugehörigen Pressemitteilung des Senckenberg-Forschungsinstituts ist freilich dennoch Unsinn: "Neandertaler: Zu 20 Prozent Vegetarier". Wer sich zu 20 Prozent von Pflanzen ernährt, ist sicherlich das Gegenteil eines Vegetariers. Ob es gesund ist, sich zu 80 Prozent von Fleisch zu ernähren, konnte die Studie übrigens nicht klären. Zumindest sind die Neandertaler wohl nicht daran gestorben, so Hervé Bocherens: "Es verdichten sich die Belege, dass die Ernährung kein entscheidender Grund war, warum die Neandertaler Platz für die modernen Menschen machen mussten."

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