Geschlechtsumwandlung: Nemo findet sein Gehirn wichtiger als seine Eier
Wenn sich ein Anemonenfisch-Mann in ein Weibchen verwandelt, beginnt er mit dem Gehirn. Innerhalb von sechs Monaten nach dem Beginn der Verwandlung wuchs eine bestimmte Region auf das Doppelte ihrer Größe, berichtet eine Arbeitsgruppe um Justin Rhodes von der University of Illinois. Dagegen hatten die bunten Fische es nicht eilig, ihre äußeren Geschlechtsorgane umzuwandeln, so das Team im Fachjournal »Hormones and Behavior«: Viele der umgepolten Männchen konnten nach drei Jahren immer noch keine Eier legen.
Dass männliche Anemonenfische wie der Falsche Clownsfisch (Amphiprion ocellaris), dem der Protagonist aus »Findet Nemo« nachempfunden wurde, ihr Geschlecht umwandeln können, war bereits bekannt. Das Team um Rhodes wollte nun herausfinden, wo im Körper die Verwandlung beginnt. Dazu verkuppelten sie jeweils zwei Anemonenfisch-Männchen miteinander. Nach einem kurzen Streit um die Rangordnung verwandelte sich das stärkere Tier in ein Weibchen. Obwohl seine Geschlechtsorgane weiterhin männlich waren, verhielt sich der Fisch fortan wie ein Weibchen, erklärt Rhodes in einem Video. Er verteidigte den Lebensraum des Pärchens und wuchs bis auf die doppelte bis dreifache Größe.
»Wenn Sie andere Fische fragen könnten, würden sie sagen: Das ist ein Weibchen«, sagt Rhodes. Das zeige, dass das Geschlecht von Gehirn und Keimdrüsen unterschiedlich sein könne. Das ist nichts Neues – auch bei anderen Tieren und unter uns Menschen gibt es Individuen mit Merkmalen beider Geschlechter. Dass die Umwandlung bei den Fischen aber im Gehirn beginnt und man sie quasi »live« beobachten kann, überraschte das Forscherteam. Rhodes und seine Kollegen zählten die Neurone in einer Region im Hypothalamus aus, die unter anderem verantwortlich für die Steuerung der Geschlechtsorgane ist. Außerdem protokollierten sie Veränderungen in den Hormonlevels und Geschlechtsorganen der Tiere. Dabei fiel ihnen auf, dass es zunächst offenbar nicht so wichtig ist, dass diese einwandfrei funktionieren: Nur bei 3 der 17 Anemonenfisch-Pärchen vollzog der dominante Partner eine komplette Geschlechtsumwandlung. Und nur eine(r) davon legte auch tatsächlich Eier. Dieser Prozess dauert also offensichtlich viel länger als die Umpolung im Gehirn.
Die Geschlechtsumwandlung gehört bei diesen Arten zur Tagesordnung: Alle Anemonenfische werden männlich geboren. Das dominante Geschlecht allerdings sind bei den bunten Fischen, die in Symbiose mit Seeanemonen leben, die Weibchen. Das größte und stärkste Tier in einer Anemone ist stets weiblich. Es paart sich mit einem Männchen – in der Regel dem größten – und lebt dann dauerhaft mit ihm zusammen, nie weiter als einen Meter von der heimischen Anemone entfernt. Die von giftigen Nesselzellen besetzten Tentakeln der Blumentiere bieten den bunten Fischen Schutz vor Raubfischen. Umgekehrt verteidigen die Fische ihre Seeanemone vor Fressfeinden – und sind unempfindlich gegen deren Nesselgift.
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