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News: Netzwerkbildung im Gehirn trotz Sendepause

Das Kommunikationsnetzwerk des Gehirns bildet sich selbst dann, wenn die Nervenzellen gar nicht kommunikationsfähig sind.
Die Informationsverarbeitung im menschlichen Nervensystem erfolgt an spezialisierten Kontaktstellen zwischen sendenden und empfangenden Nervenzellen. Ein exakt organisiertes Netzwerk von etwa 100 Billionen dieser als Synapsen bezeichneten Kontaktstellen verknüpft die 100 Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn und ist für die Steuerung sowohl von einfachen Körperfunktionen und Bewegungen als auch von komplizierten Verstandes-, Gefühls- und Gedächtnisleistungen verantwortlich. Bis vor kurzem gingen Hirnforscher davon aus, dass ein normaler Ablauf der Gehirnentwicklung nur möglich ist, wenn Nervenzellen schon in den frühesten Phasen der Entwicklung aktiv miteinander kommunizieren können.

Die Kommunikation an den Synapsen beginnt, wenn eine sendende Nervenzelle durch einlaufende Signale erregt wird und ihrerseits Botenstoffe ausschüttet. Diese als Neurotransmitter bezeichneten Signalmoleküle gelangen dann zur jeweiligen Empfängerzelle und beeinflussen wiederum deren Aktivitätszustand. Um den Einfluss dieser synaptischen Kommunikation auf die Gehirnentwicklung zu untersuchen, haben die Forscherteams um Nils Brose vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin und Christian Rosenmund vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie genetisch veränderte Mäuse erzeugt, deren Nervenzellen kene Neurotransmitter freisetzen können.

Die Untersuchungen an den Versuchstieren, die ein Modell für die menschliche Gehirnentwicklung darstellen, führten zu einem überraschenden Ergebnis: Zwar herrschte in Folge der eingeführten Mutationen in fast allen Teilen des Gehirns dieser Tiere quasi Sendepause, die komplizierten Verschaltungen zwischen den Nervenzellen entwickelten sich jedoch trotzdem weitgehend normal. "Besonders überraschend war, dass sogar die Struktur einzelner Synapsen und ihre Ausstattung mit den für die Synapsenfunktion wichtigen Proteinen in den Mausmutanten vollkommen normal war", erklärt Brose. "Diese Befunde stehen", wie Rosenmund ergänzt, "im Widerspruch zu einer großen Zahl von Arbeiten über die Mechanismen der Gehirnentwicklung."

Die Forscher sind sich einig, dass ihr genetisches Modellsystem die bisher klarste Einschätzung der Bedeutung von Nervenzellaktivität für die frühe Entwicklung des Nervensystems von Säugetieren liefert: "Entstehung und Erhalt von Synapsen basieren zunächst auf automatisch ablaufenden zellulären Programmen und erfolgen offensichtlich unabhängig von neuronaler Kommunikation", erläutert Rosenmund. Außer Frage sei dabei allerdings, dass aktive Signalübertragung zwischen Nervenzellen für die exakte Organisation von synaptischen Netzwerken in späteren Phasen der Hirnentwicklung – etwa während der Reifung der für verschiedene Sinneswahrnehmungen verantwortlichen Hirnbereiche – sehr wichtig ist.

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