Neu beschriebener Käfer: Ein Penis in Form eines Flaschenöffners
Bei Insekten sähen die Fortpflanzungsorgane bei jeder Art anders aus, erklärt der Biologe Aslak Kappel Hansen vom Naturhistorischen Museum Dänemarks. »Aus diesem Grund untersuchen Entomologen wie wir bei der Beschreibung einer Art immer sofort die Genitalien der Insekten.« Ein in Chile und Argentinien verbreiteter Käfer hat nun mit seinem ganz speziell geformten Gemächt die Assoziationskraft des Forscherteams beflügelt: Es erinnert – mit mehr oder weniger Fantasie betrachtet – an einen Flaschenöffner. Einen »Kapselheber«, wie der Bierprofi sagt.
Entdeckt wurde die Art – und fünf weitere – bei der Durchforstung der Sammlungsbestände des dänischen Museums. Sie zählt zu den Kurzflüglern (Staphylinidae), lebt aber anders als die meisten Vertreter dieser Familie nicht in abgestorbenem Laub, sondern auf Blühpflanzen. Der Käfer ist nur rund einen Zentimeter groß.
In Anlehnung an eine gewisse dänische Biermarke hat das Team um Erstautor José Reyes-Hernández seiner Entdeckung nun den Artnamen Loncovilius carlsbergi verpasst. Damit setzen die Forscher dem Bierthema nicht nur eins drauf, sondern würdigen laut Pressemitteilung obendrein die Arbeit und finanzielle Unterstützung der Carlsberg Foundation, die seit Jahren unabhängige wissenschaftliche Projekte fördere. Seit der Publikation in der jüngsten Ausgabe des Fachblatts »Zoological Journal of the Linnean Society« ist dieser Name nun auch offiziell gültig.
Wie sie in der Pressemitteilung weiter schreiben, treiben sie jedoch Sorgen um, für die sie mit Hilfe der Käferpenis-Story Publicity machen wollen: Die Biodiversitätskrise habe den Lebensraum der Loncovilius-Käfer voll erfasst. »Wir vermuten, dass sie eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen. Daher ist es Besorgnis erregend, dass fast nichts über diese Art von Käfern bekannt ist, obwohl sie so leicht zu entdecken sind – und einige von ihnen sogar ziemlich hübsch. Leider verschwinden solche Arten oft, bevor sie überhaupt entdeckt werden«, sagt Mitautor Josh Jenkins Shaw.
»Unsere Simulationen zeigen, dass mindestens drei der Loncovilius-Arten gefährdet sind, weil der rasch voranschreitende Klimawandel bis 2060 mehr als die Hälfte ihrer Lebensräume stark verändern wird«, sagt Reyes-Hernández. Wahrscheinlich seien noch viel mehr Arten betroffen, doch nur bei vier Arten hätten die Daten für die Analyse ausgereicht.
»Wir wollen, dass sich die Leute auf der ganzen Welt über die Krisen auf unserem Planeten unterhalten, zum Beispiel bei einem Bier«, schreiben die Insektenforscher. Damit das Genital von Loncovilius carlsbergi dabei auch ganz praktische Unterstützung leistet, haben sie es schon einmal aus einem Stück Metall gefräst. Demnächst wollen sie damit in die Serienproduktion gehen.
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