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Fische: Sauron, der vegetarische Piranha

Piranhas haben zu Unrecht einen schlechten Ruf. Dass es unter ihnen harmlose Pflanzenfresser gibt, belegt der Fund einer neuen Art – auch wenn sie den Namen eines Bösewichts trägt.
Ein Piranha mit silbrigen Schuppen, einem schwarzen Längsstrich in der Körpermitte, einem gelben Bereich an den Kiemen und einer roten Flosse liegt auf einer Hand. Rücken- und Schwanzflosse sind transparent, das Auge ist schwarz.
Dieser junge Sauron-Piranha wurde im Xingu-Becken aus dem Fluss gefischt, aber nicht für das Museum gesammelt.

Mehr als 40 Prozent der südamerikanischen Süßwasserfischarten gelten als wissenschaftlich noch nicht beschrieben. Neuentdeckungen sind daher an der Tagesordnung, aber nicht alle Funde sind so faszinierend wie Myloplus sauron, den ein Team um Valéria Machado von der Universität Federal do Amazonas der Welt präsentiert: Die Art gehört zu den Piranhas, ernährt sich rein vegetarisch und trägt einen vertikalen schwarzen Strich über ihre Körpermitte, der die Arbeitsgruppe an Saurons Auge erinnerte – den großen Bösewicht aus »Herr der Ringe«.

Der Sauron-Fisch gehört zur Gruppe der Pacus, die eng mit den (zu Unrecht gefürchteten) Fleisch fressenden Piranhas verwandt sind, sich aber rein vegetarisch ernähren, etwa von Früchten, die ins Wasser gefallen sind. Als Anpassung an diese Nahrung haben viele Pacus Zähne entwickelt, die an jene von Menschen erinnern. Häufig werden unterschiedliche Zähne auch genutzt, um einzelne Arten voneinander abzugrenzen. Allerdings kam es regelmäßig zur konvergenter Evolution gleicher Zahntypen in unterschiedlichen Regionen, weil ähnliche Nahrungsquellen unabhängig voneinander erschlossen wurden.

Mit Hilfe von DNA-Analysen konnten Machado und Co Myloplus sauron jedoch nicht nur von dem nahen Verwandten M. schomburgkii eindeutig abgrenzen, sondern gleich noch eine zweite Spezies namens M. aylan. Womöglich stammen alle drei Arten gar nicht von einem gemeinsamen Vorfahren ab, sie entwickelten sich jeweils aus eigenen Linien – was aber noch weitere Studien zeigen müssten, so die Autoren.

Bislang gelten Sauron und Co noch nicht als gefährdet; erste Bestandsaufnahmen zeigen, dass sie in ihrem Verbreitungsgebiet großflächig vorhanden sind. Allerdings existieren Pläne für Staudämme, was die Flussökologie entscheidend beeinträchtigen kann.

Der schlechte Ruf der Piranhas an sich soll auf den früheren US-Präsidenten Theodore Roosevelt zurückgehen, der auf Forschungsreisen in Amazonien unterwegs war. Einer seiner Aufzeichnungen enthält einen Augenzeugenbericht, bei dem eine Kuh in ein Wasserloch mit Piranhas getrieben wurde, die das Tier schnell zerfleischten. Das passiert allerdings nur, wenn die Fische ihre Nester verteidigen oder völlig ausgehungert sind, weil sie vom restlichen Fluss und dessen Nahrungsquellen isoliert wurden.

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  • Quellen
Neotrop. Ichthyol. 10.1590/1982–0224–2023–0095, 2024

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