Alte Schriften: Neue Fototechnik soll bei Entzifferung von 5000 Jahre alter Schrift helfen
Seit Jahrzehnten versuchen Forscher auf der ganzen Welt, dem Geheimnis des protoelamischen Schriftsystems auf die Spur zu kommen, das vor rund 5000 Jahren im Iran genutzt wurde. Nun soll eine neue Fototechnik endlich Licht ins Dunkel der alten Schrift bringen. Mit ihr können Forscher besonders hochauflösende Bilder erzeugen und so Details offenbaren, die bisher für das bloße Auge verborgen blieben.
Das von der University of Oxford und der University of Southampton entwickelte "Reflectance Transformation Imaging (RTI) System" besteht aus einer Kuppel, an deren Decke sich insgesamt 76 Lichter und eine Kamera befinden. Im Zentrum der Kuppel werden die alten Schrifttafeln platziert und anschließend genau 76 Fotos geschossen. Für jedes Bild wird dabei das Schriftdokument von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Im Anschluss fügen die Wissenschaftler die Aufnahmen am Computer zu einem digitalen Bild zusammen, in dem der Betrachter den Beleuchtungswinkel individuell steuern kann. Im Wechselspiel aus Licht und Schatten können so bisher ungesehene Details zum Vorschein kommen.
"Die Qualität der Bilder ist wirklich beeindruckend", erklärt Jacob Dahl von der University of Oxford. Bei der Entzifferung von alten Schriften sind Wissenschaftler ohnehin stets auf gute Bilder angewiesen. "Man übersieht sonst viel zu leicht Unterschiede, die für das bloße Auge kaum sichtbar sind", so der Orientforscher.
Bisher fotografierten Dahl und seine Kollegen mit der RTI-Technik die umfangreiche Sammlung an protoelamischen Tontafeln aus dem Pariser Louvre. Die Aufnahmen wollen die Forscher der Allgemeinheit auf einer Website zur Verfügung stellen. Sie erhoffen sich, so die bisher älteste unentzifferte Schrift der Welt endlich lesen zu können.
Wenige Eigenschaften der rund 5000 Jahre alten Bilderschrift sind Wissenschaftlern bereits bekannt. So sind einige Zeichen aus Mesopotamien entliehen, beispielsweise die Symbole für Schaf, Ziege oder Getreide. "Im Gegensatz zu anderen alten Schriftsystemen vermuten wir aber, dass im Protoelamischen sowohl Symbole als auch Silben genutzt wurden", erklärt Dahl. 80 bis 90 Prozent der Zeichen können bisher noch nicht gedeutet werden.
Die Experten gehen davon aus, dass das alte Schriftsystem nur wenige Jahrhunderte lang im Iran in Gebrauch war – hauptsächlich in der Verwaltung und für landwirtschaftliche Aufzeichnungen. Da die Schrift jedoch nicht in Schulen unterrichtet wurde, schlichen sich vermutlich über die Zeit Fehler ein. Wenig später ersetzte man die Zeichen durch ein neues System.
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