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News: Neue Funktion von Thrombozyten

Wissenschaftler am Robert-Koch-Institut haben entdeckt, daß Thrombozyten bei einer Verletzung des Gefäßsystems nicht nur zum Stillen der Blutung beitragen, sondern auch eine Entzündung in der Gefäßwand auslösen und auf diese Weise die Reparatur des Gefäßes in Gang bringen. Der entdeckte Mechanismus verbessert das Verständnis der normalen Wundheilung, aber auch der krankhaften Gefäßwandprozesse, die zu Arteriosklerose und Herzinfarkt führen.
Die von Richard Kroczek geleitete Arbeitsgruppe am Robert-Koch-Institut (RKI) hat herausgefunden, daß Thrombozyten ein besonderes Protein ständig im Gepäck mitführen. Dieses Protein, wegen seiner Verwandtschaft zum Entzündungs-Botenstoff TNF als TRAP (TNF-related activation protein) bezeichnet, aber auch als CD40-Ligand bekannt, ist normalerweise im Inneren der Thrombozyten verborgen. Kommt es zu einer Gefäßwandverletzung, verklumpen Thrombozyten, um die Blutung zu stillen, und verlagern gleichzeitig ihre TRAP-Moleküle innerhalb von Sekunden auf die Zelloberfläche.

Die RKI-Arbeitsgruppe konnte in Zusammenarbeit mit den Labors von Gert Müller-Berghaus an der Kerckhoff-Klinik der Max-Planck-Gesellschaft in Bad Nauheim und Michael Gräfe am Deutschen Herzzentrum in Berlin zeigen, daß die TRAP-Moleküle auf der Oberfläche der Thrombozyten an passende Rezeptoren auf Endothelzellen, welche das Gefäßsystem auskleiden, binden. Hierdurch werden die Endothelzellen angeregt, Botenstoffe auszuschütten und Adhäsionsmoleküle auf der Oberfläche auszubilden (Nature, Bd. 391, S. 591-594). Die ausgeschütteten Botenstoffe locken Entzündungszellen (Granulozyten, Monozyten) an, während die Adhäsionsmoleküle die so angelockten Zellen am geschädigten Endothel festhalten. Hierdurch kommt es am Ort der Gefäßschädigung innerhalb kurzer Zeit zu einer Ansammlung von Entzündungszellen – der erste Schritt zur Wiederherstellung des Gefäßes.

Die neuen Befunde erweitern das Verständnis der Funktion von Thrombozyten, die man bisher ausschließlich als gefäßabdichtende Zellen betrachtet hat. „Wir konnten zeigen“, so der Immunologe Richard Kroczek, „daß die Blutplättchen bei der Blutgerinnung auch als Entzündungszellen fungieren. Die von den Thrombozyten gestartete Entzündungsreaktion ist wesentlich für die Reparatur der geschädigten Gefäßinnenwand und des mitbetroffenen umgebenden Gewebes.“

Die Arbeiten der RKI-Arbeitsgruppe führen zu einem besseren Verständnis der normalen Wundheilung. Gleichzeitig werfen sie ein neues Licht auf den Entstehungsmechanismus der Arteriosklerose, die oft zu Herzinfarkt oder Gehirninfarkt führt. Denn bei der Arteriosklerose ist bekannt, daß Thrombozyten und bestimmte Entzündungszellen (Monozyten) an dem Fortschreiten der Erkrankung ganz wesentlich beteiligt sind. Aus dem besseren Verständnis des Krankheitsprozesses, der zur Arteriosklerose führt, könnten sich neue diagnostische und therapeutische Ansätze ergeben.

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