News: Neue Operationstechnik schützt vor Erblindung
Bis zu dreißig Prozent der Aids-Patienten erkranken an einer tückischen Virus-Infektion, der Cytomegalievirusretinitis. Diese Netzhautentzündung führt innerhalb von zwei Monaten zur Erblindung. Die übliche Behandlung durch Medikamentenzufuhr über das Gefäßsystem oder direkt in das Auge ist zeitintensiv, aufwendig und erfordert einen langen Aufenthalt im Krankenhaus. Die verabreichten Mittel haben zudem gravierende Nebenwirkungen. Daher forschen Mediziner nach einem Weg, direkt im Auge Medikamentenspender zu implantieren. Auf diese Weise könnten die helfenden Substanzen unmittelbar an ihren Wirkort gelangen und würden den Körper nicht belasten.
Bisherige Operationsmethoden hatten jedoch nur begrenzte Erfolge und führten regelmäßig zu Komplikationen: Die dabei verwendete "Wurstnaht" hinterläßt sichtbare Narben und verkrümmt die Hornhaut. Das Implantat muß daher nach etwa acht Monaten wieder entfernt werden. Die in Frankfurt von Hermann Gümbel, Frank Koch und ihren Kollegen entwickelte Methode ist daher ein Durchbruch: Sie ermöglicht es, das Implantat mehrere Jahre im Auge zu belassen. Anschließend kann es durch ein weiteres Implantat ergänzt werden. "Ich argumentiere sogar dafür, das alte Mittel im Auge zu lassen, da auch das Entfernen des Implantats Schwierigkeiten verursachen kann", erklärt Koch. Bei der Operationsmethode wird das Auge neben der Iris geöffnet. Anschließend wird mit dem Skalpell ein Stück der Lederhaut in zwei Schichten geteilt, etwa so, wie man feuchte, zusammenklebende Blätter auseinanderzieht. Auf diese Weise kann eine u-förmige Lamelle aus der oberen Schicht der Lederhaut herausgeschnitten werden. Diese wird zurückgeklappt, und der Chirurg setzt in der unteren Hälfte der Lederhaut einen weiteren Schnitt, durch den er zum Glaskörper des Auges gelangt. Dort schneidet er eine kleine Mulde, in die er den etwa fünf Millimeter großen Medikamentenspender hineinschiebt. Anschließend näht der Chirurg das Implantat an Laschen fest und klappt die Lamelle wieder zurück, so daß sie den Medikamententräger verdeckt. Zwei Fäden reichen aus, um die Lamelle zu schließen. Auf diese Weise entsteht keine sichtbare Narbe, die Hornhaut bleibt in ihrer ursprünglichen Form, und die Patienten können sofort nach der Operation wieder sehen. "Seit über zwei Jahren operieren wir nach der neuen Methode, und es gibt bisher keine Komplikationen", erläutert Gümbel. Die Operation ist zudem etwa 50 Prozent billiger als konventionelle Behandlungen.
Derzeit laufen klinische Versuche, mit einem Dauerimplantat auch Menschen zu helfen, die an Uveitis leiden. Grund dieser Gewebeentzündung im Auge kann eine Autoimmunreaktion des Körpers sein. In der Standardbehandlung wird den Patienten Cortison verabreicht. Aber auch Cortison hat zahlreiche Nebenwirkungen. Ein Implantat könnte statt dessen mit deutlich weniger Nebenwirkungen immunsupressive Substanzen direkt im Auge abgeben. Zu den bisherigen Ergebnissen der klinischen Versuche wollen sich die Ärzte noch nicht äußern.
Sie planen aber bereits, mit der Operationstechnik auch die Makuladegeneration zu behandeln. Die meisten Erblindungen in Deutschland gehen auf diese Krankheit zurück, die durch Durchblutungsstörungen im Auge verursacht wird. In Tierversuchen konnten Antagonisten des Calciums, die direkt ins Auge eingebracht werden, die Durchblutung fördern und so eine Degeneration wirkungsvoll verhindern.
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