Wucherungen im Bauchraum: Neue genetische Risikofaktoren für Endometriose enthüllt
Eine von neun Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter leidet unter Endometriose. Es ist eine Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Das kann zu ständigen und starken Schmerzen im Beckenbereich, zu Müdigkeit, Depressionen, Angstzuständen und Unfruchtbarkeit führen. Bei etwa 40 bis 60 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, steckt eine Endometriose dahinter. Doch obwohl 190 Millionen Frauen weltweit von der Erkrankung betroffen sind, ist noch zu wenig über ihre Ursachen bekannt. Eine internationale Gruppe aus 24 Forschungsteams hat nun die bislang umfangreichste Studie zu den genetischen Ursachen der Endometriose erstellt. Die Ergebnisse hat sie im Fachmagazin »Nature Genetics« publiziert.
Die Gruppe führte mit 60 674 europäischen und ostasiatischen Frauen mit Endometriose und 701 926 Frauen ohne Endometriose als Kontrollgruppe eine genomweite Assoziationsstudie (GWAS) mit Hilfe von Daten der UK Biobank und dem Unternehmen 23andMe durch. Das Ziel einer GWAS ist es, bestimmte Ausprägungen eines Gens zu identifizieren, die gemeinsam mit einem Merkmal, in diesem Fall der Endometriose, auftreten. Vor der neuen Studie waren der Fachwelt 17 genetische Bereiche bekannt, die mit Endometriose in Verbindung stehen. Das Forscherteam entdeckte nun jedoch genomweit 42 Orte, die mit der Krankheit korrelieren.
Die Wissenschaftler stellten darüber hinaus fest, dass bestimmte genetische Risikofaktoren mit anderen Erkrankungen in Verbindung stehen. »Wir konnten signifikante genetische Korrelationen zwischen Endometriose und elf Schmerzzuständen beobachten, darunter Migräne, Rücken- und chronische Mehrfachschmerzen (MCP) sowie Entzündungskrankheiten wie Asthma und Osteoarthritis«, heißt es in der Studie. Das könne auf eine »Sensibilisierung« des zentralen Nervensystems hinweisen.
Die Forscher erhoffen sich von den neuen Erkenntnissen Fortschritte auf dem Weg zu einer besseren Behandlung und Diagnose. Derzeit dauert es mehrere Jahre, bis die Diagnose eindeutig gestellt werden kann. »Mit detaillierteren genetischen Daten sind wir in der Lage, diesen Prozess zu beschleunigen«, sagte Grant Montgomery vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der University of Queensland laut einer Mitteilung.
Bisherige Behandlungsmethoden beschränken sich zudem auf die chirurgische Entfernung der Verwachsungen und auf hormonelle Behandlungen, die aber problematische Nebenwirkungen haben können. Wenn man jedoch wüsste, was die Gene bewirken, könne man neue Angriffspunkte für Medikamente finden, schreiben die Autoren. »Vielleicht sollten wir in einigen Fällen eher eine Schmerzbehandlung als eine Hormonbehandlung entwickeln.«
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