Kabellose Energieübertragung: Neue Technik sendet Strom tief in den Körper
Batterien müssen getauscht werden, Stromkabel sind potenziell gefährlich, und die Induktionstechnik, mit der die elektrische Zahnbürste den Akku lädt, kommt zwar ohne Kabel aus, funktioniert im Körper aber nur auf sehr geringe Distanzen – bei Implantaten hat sich die Stromversorgung der kleinen Geräte als entscheidender Hemmschuh erwiesen.
Das will ein Team um Ada Poon von der Stanford University nun ändern. Nach jahrelanger Tüftelei stellt die Gruppe um die Forscherin ein Verfahren vor, mit dem sich Implantate wie Hirn- oder Herzschrittmacher mit Energie versorgen lassen – und zwar völlig ohne Kabel oder Batterien. Ihre Technik haben sie bereits im Tiermodell einigen realitätsnahen Tests unterzogen.
Kernstück ist eine kreditkartengroße Metallplatte, die elektromagnetische Wellen so in den Körper lenkt, dass auch tief liegende Bereiche erreicht werden. Poon und Kollegen haben die Platte dazu mit einem speziellen Rillenmuster versehen, das im Verbund mit dem durchquerten Gewebe die Radiowellen so fokussiert, dass beim Implantat ausreichend Energie ankommt. Dieses nimmt die Energie wie bei der Nahfeldtechnologie auf, die bei zahlreichen Anwendungen bereits im Einsatz ist.
Strahlenbelastung im Handybereich
Das ermöglichte ihnen, ein reiskorngroßes Implantat zu bauen, das sie unter anderem einem Schwein mit Hilfe eines Katheders einsetzten. Durch die geschlossene Brust konnten sie das Gerät mit Energie versorgen. Auch durch die Schädeldecke hindurch ließen sich Geräte wie beispielsweise Hirnschrittmacher betreiben. Laut den Wissenschaftlern genügt die übertragene Energiemenge noch in zehn Zentimeter Tiefe den Anforderungen gängiger elektronischer Implantate. Wenn ihr Gerät 500 Milliwatt aussendete, kamen am Ort des Implantats knapp unter 200 Mikrowatt an – deutlich mehr als die 8 Mikrowatt, die ein handelsüblicher Herzschrittmacher verbraucht.
Gesundheitsbedenken wollen die Autoren zerstreuen: Die Analysen eines unabhängigen Labors hätten ergeben, dass die Belastung des Gewebes immer unterhalb der medizinisch relevanten Grenzwerte bleibt, erklären sie. Die Leistung des Senders sei in etwa vergleichbar mit der eines Handys.
Wenn Implantate künftig nicht mehr aufwändig über Kabel versorgt werden müssten, stünden einer weiteren Miniaturisierung alle Türen offen. Implantate im Mikrometerbereich seien denkbar, die anspruchsvolle Aufgaben übernehmen könnten – zum Beispiel lässt sich die Konzentration bestimmter Substanzen im Körper erfassen und daraufhin lassen sich maßgeschneidert Medikamente freisetzen. Derartige Geräte existieren bereits in den Laboren, scheiterten bislang aber oft an der mangelnden Stromversorgung.
Ebenso gut könnte man künftig aber auch den Implantaten einen kleinen Akku beigegeben, der durch die Technik von Poon und Kollegen wieder aufgeladen wird. Dann müsste der Träger das Ladegerät nur bei Bedarf am Körper anbringen. Bis die Technik in der Praxis angewendet werden kann, dürften aber nach Meinung der Forscher noch einige Jahre vergehen. Erste Tests an Menschen sollen in Kürze klären, ob die Technik tatsächlich so unbedenklich ist wie gehofft.
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