Direkt zum Inhalt

Astrophysik: Neue Waage für Schwarze Löcher

Schwarze Löcher sind extrem massereiche Objekte, deren Geheimnissen man bislang meist über die veränderte Sternbewegung in ihrer Nähe auf die Schliche kam. Jetzt zeigt sich aber, dass auch die Temperatur umgebender Gase eine Menge verrät.
Schwarzes Loch
Schwarze Löcher sind nicht leicht zu finden und auch nicht einfach zu untersuchen. Da sie Licht fast ausschließlich absorbieren und nicht emittieren, können sie nicht direkt mit Teleskopen detektiert werden, sondern sind nur indirekt über ihren starken gravitativen Einfluss auf die Umgebung beobachtbar.

Bislang errechneten Forscher die Masse eines Schwarzen Loches beispielsweise über das Verhalten der Sterne in dessen Umgebung. Je näher die Bahn eines Sternes am kompakten Objekt vorbeiführt, desto schneller bewegt er sich. Aus der Geschwindigkeitsverteilung können Forscher auf die Raumkrümmung und so auf die zentrale Masse schließen.

Akkretionsscheibe | Materie sammelt sich in einer rotierenden Scheibe um ein Schwarzes Loch, wobei sie sich aufheizt und Licht abstrahlt.
Dieser Ansatz funktioniert aber nur, wenn das kompakte Objekt nicht von Materiewolken verdeckt oder das Gesamtsystem für eine räumliche Auflösung zu weit entfernt ist. Eine andersartige Methode haben Fabrizio Brighenti und Lev Titarchuk unabhängig voneinander vor etwa zehn Jahren vorgeschlagen.

Die neue Idee zur Massenbestimmung macht sich die Tatsache zunutze, dass Gas, genau wie jede Form von Materie, in den Gravitationsschlund des Schwarzen Loches gezogen wird. Dabei verliert es Gravitationsenergie, was zum Aufheizen des Gases führt. Überdies wird es auch, ähnlich wie bei einem Verkehrsstau, komprimiert und dadurch weiter erhitzt, wodurch es zu leuchten beginnt.

Galaxie NGC 4649 | In diesem Bild sind Daten des Röntgenteleskops Chandra und des Weltraumteleskops Hubble kombiniert. Es zeigt die gigantische elliptische Galaxie NGC 4649, in deren Zentrum ein superschweres Schwarzes Loch sitzt. Dieses ist etwa 3,4 Milliarden Mal schwerer als unsere Sonne. NGC 4649 ist eine der wenigen Galaxien, deren zentrales Schwarzes Loch auf zwei verschiedene Weisen gewogen wurde.
Brighenti und seine Kollegen hatten vorgeschlagen, für die Analyse besonders massereicher Schwarzer Löcher im Herzen von Galaxien deren Temperaturkurve zu bestimmen. Eine solche Kurve verzeichnet den Temperaturverlauf im Abstand vom Zentrum. Sie weist je nach Masse des Zentralobjektes ein charakteristisches Maximum auf.

Mit Hilfe des Weltraumteleskops Chandra haben Philip Humphrey von der University of California at Irvine und Kollegen diese Methode jetzt erstmals experimentell bestätigt. Dazu untersuchten sie das bereits zuvor über die Sternbewegung vermessene supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie NGC 4649.

Akkretionstorus | Ein heißer, dicker Akkretionstorus umgibt das rotierende Schwarze Loch, das sich aus dem dichten Innern des Überrests einer Neutronensternverschmelzung gebildet hat.
In der Tat ließ sich aus Chandras Daten die Temperaturkurve des galaktischen Zentrums von NGC 4649 bestimmen. Anhand des Maximums ermittelten die Forscher eine Masse von 3,4 Milliarden Sonnen. Damit ist dieses Schwarze Loch etwa 1000 Mal so massereich wie dasjenige im Zentrum der Milchstraße. Das mit Hilfe der Temperaturmethode erhaltene Ergebnis stimmte gut mit dem früher ermittelten Massenwert überein.

Brighenti und Kollegen waren über diese Resultate erfreut. Insbesondere auch deswegen, weil ihre Theorie damit eine weitere Möglichkeit eröffnet, Massen von Schwarzen Löchern zu messen, die sich im Zentrum sehr ferner Galaxien befinden und bei denen möglicherweise andere Messverfahren versagen.
  • Quellen
Humphrey, P. et al.: Weighing the Quiescent Central Black Hole in an Elliptical Galaxy with X-ray Emitting Gas. In: Astrophysical Journal, im Druck.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.