Direkt zum Inhalt

News: Neuer Trend: Orange

Mit hell leuchtenden Bäuchen versuchen manche Angehörigen der Schnellkäfer Weibchen auf sich aufmerksam zu machen, die dann - bei Gefallen - mit ihrer Oberseite zurückblinken. Bisher nutzten die Männchen vorwiegend gelbgrünes Licht für ihre strahlende Werbung. Doch die Zeiten ändern sich offenbar: Inzwischen bevorzugen sie zunehmend orange.
<i>Pyrophorus</i> auf einem Finger
Bei den "Feuerkäfern" geht den Weibchen auf Partnersuche im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht auf: Die Männchen fliegen des Nachts durch die Wälder und strahlen dabei über spezielle Leuchtorgane auf der Bauchseite beständig ein helles Licht aus. Die potenziellen Partnerinnen betrachten sich die Überflieger geruhsam aus dem Unterholz und blinken gelegentlich mit ebensolchen Leuchtorganen auf ihrem Rücken zurück. Schon Charles Darwin freute sich an diesem Farbenspiel, das er auf seiner Forschungsreise auf Bahia beobachtete.

Und gerade Darwin hätte sich sicherlich sehr für den jamaikanischen Vertreter jener Käfer interessiert. Denn Pyrophorus plagiophthalamus, so der wissenschaftliche Name dieser strahlenden Schnellkäfer oder Elateridae, begnügt sich nicht etwa mit den gängigen grüngelben Leuchtsignalen, sondern hat auch die verführerische Wirkung der Farbe Orange entdeckt. Eine zufällige Entwicklung, die nicht stört und daher nicht ausgerottet wird, oder steckt natürliche Selektion dahinter?

Uwe Stolz von der University of Notre Dame und seine Kollegen begaben sich auf Spurensuche. Sie sammelten 18 Käferexemplare ein und analysierten die Gensequenzen für das Enzym Luciferase, das beim entscheidenden Schritt zum Leuchtstoff hilft. Von diesem Protein gibt es allerdings unterschiedliche Varianten – festgelegt in der genetischen Bauanleitung –, die sich in der Bindung des Luciferins unterscheiden, dem Ausgangsprodukt für das Leuchtmittel.

Die Wissenschaftler entdeckten für das Bauchlicht drei verschiedene Genvarianten: eine für gelbgrün, eine für gelb und eine für orange. Jeder untersuchte Käfer besaß zwei Allele, aus deren Kombination die jeweiligen Zusammensetzungen der Leuchtfarbe entstanden: Enthielt er die Allele für gelbgrün und gelb, strahlte er grüngelb. Hatte er die Anlagen für gelb und orange, leuchtete er gelb-orange. Und waren die beiden Allele identisch und codierten für orange, lockte er die Weibchen erwartungsgemäß mit intensivem Orange. Mit diesem genetischen Mischkasten gelingt es der Käferart, fünf verschiedene Lichtvarianten zu produzieren.

Nun erstellten die Forscher einen Stammbaum für die Mutationen, die zu den jeweiligen Allelen geführt hatten. Dabei zeigte sich, dass sich die Käfer nach und nach in den Bereich des längerwelligen Lichts vortasten konnten – bis zu dem zuletzt entstandenen Orange, dessen Besitzer sich vor allem in einer bestimmten Gegend Jamaikas häufen. Und eine gründliche statistische Analyse ergab: Das ist kein Zufall. Das Verteilungsmuster und die Evolution der Gene lassen eindeutig auf natürliche Selektion schließen, erklären die Forscher.

Aber warum entwickeln die Käfer überhaupt ein neues Leuchtsignal? Mag sein, dass die Weibchen orange verführerischer finden als die gelbgrünen Varianten. Oder dass sich die Träger der neuen Farbe nicht nur besser von Artgenossen, sondern auch von anderen Tierarten abheben, die mit Leuchtsignalen arbeiten – eine verwandte, inzwischen aber ausgestorbene Käferart beispielsweise oder Glühwürmchen. Außerdem sticht die langwelligere Variante nächtlichen Räubern auf Beutesuche vielleicht nicht so ins Auge, und die liebeshungrigen Käfer sind dadurch besser geschützt.

Welcher Vorteil auch immer ausschlaggebend war, er muss wirklich groß gewesen sein. Denn ein Risiko bietet der Farbwechsel allemal: Läge die Wellenlänge außerhalb des Wahrnehmungsbereiches der Weibchen, hätten die Männchen nur wenig Chancen. Daher gilt es nach Ansicht von Scholz und seinen Kollegen nun, die Schärfe der Farbwahrnehmung zu untersuchen, denn hier könnten sich womöglich noch Prozesse der Koevolution verbergen. Darwin jedenfalls wäre sicher begeistert gewesen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.