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»Fahrradpumpen-Mechanismus«: Neuer Typ von Vulkanausbruch beobachtet

Eine Serie von zwölf Explosionen auf Hawaii gab bisher Rätsel auf. Nun zeigt sich: Die kilometerhohen Aschewolken entstanden durch einen bisher unbekannten Mechanismus.
Eine Aschewolke über einem sehr schön symmetrischen Vulkankegel.
Der neu entdeckte Ausbruchsmechanismus erzeugt ähnliche Wolken aus Gas und Asche wie hier über dem Gipfel des mexikanischen Vulkans Popocatepetl.

Im Jahr 79 n. Chr. brach der Vesuv mit enormer Gewalt aus. Der Vulkan trieb eine Wolke aus zertrümmertem Gestein hoch in die Atmosphäre und begrub eine ganze Region samt den antiken Städten Pompeji und Herculaneum unter meterdicken Ascheschichten. Bis heute gehören solche explosiven Vulkanausbrüche zu den verheerendsten Naturkatastrophen. Hinter den gewaltigen Explosionen stecken zwei Mechanismen: Entweder verursacht unter Druck stehendes Gas im Magma selbst den großen Knall oder das superheiße Gestein kommt mit Wasser in Berührung und verursacht eine heftige Dampfexplosion.

Doch Vulkane können auch auf ganz andere Art explodieren, berichtet nun ein Team um Josh Crozier vom US Geological Survey. Im Jahr 2018 spie der Vulkan Kilauea auf Hawaii eine Aschewolke in den Himmel, die durch keinen der beiden Mechanismen entstand. Das einbrechende Dach einer Magmakammer hatte darunter liegendes Gas und Gesteinstrümmer wie eine gigantische Fahrradpumpe durch Spalten gepresst und die Eruption verursacht, schreibt die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Geosciences«.

Im Mai 2018 begannen große Mengen Lava aus mehreren Spalten am Osthang des Kilauea zu fließen. Das geschmolzene Gestein bedeckte schließlich eine Fläche von rund 35 Quadratkilometern und zerstörte mehr als 700 Häuser, bevor der Ausbruch im August 2018 schließlich endete. Doch auch am Gipfel war der Vulkan aktiv. Insgesamt zwölf heftige Explosionen verzeichneten die Fachleute dort im Zeitraum vom 17. bis zum 27. Mai 2018, die Aschewolken bis zu acht Kilometer hoch in die Atmosphäre schickten. Doch diese Explosionen passten nicht zu den bekannten Ausbruchsmechanismen. Wasser gab es im Gipfelkrater nicht genug, und es gab auch keinen Überdruck in der Magmakammer. Im Gegenteil, das Gestein floss zu den Spaltenausbrüchen an der Flanke ab.

Das Team um Crozier vermutete deswegen, dass genau das die Ursache der Explosionen war. Als die Gesteinsschmelze seitlich abfloss, konnte diese das Gewicht des zwei Kilometer dicken Gesteinsdeckels über der Magmakammer nicht mehr tragen. Dieser sackte dann unter seinem eigenen Gewicht in den Hohlraum darunter. Dabei trieb er, so die Idee der Wissenschaftler, wie eine gigantische Fahrradpumpe komprimiertes Gas und Asche durch Spalten Richtung Oberfläche. Die Fachleute analysierten seismische Daten und Messungen der Aschewolken und simulierten den Kollapsprozess, um die Details des neuen Ausbruchsmechanismus nachzuvollziehen.

Demnach schoss das komprimierte Gas mit Geschwindigkeiten von bis zu drei Kilometern pro Sekunde Richtung Oberfläche. Außerdem müssen die komprimierten Gastaschen klein gewesen sein, jeweils weniger als halb so groß wie die Cheopspyramide, um den enormen Druck hinter den Ausbrüchen zu erklären. Es ist zwar das erste Mal, dass dieser Ausbruchsmechanismus genauer beschrieben wurde, tatsächlich vermutet die Arbeitsgruppe jedoch, dass solche kollapsgetriebenen Explosionen relativ häufig sind. Bei diversen anderen Vulkanausbrüchen seien ähnliche Erdbeben zusammen mit Aschewolken über dem Gipfel beobachtet worden, schreiben die Fachleute.

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