Chorea Huntington: Neuer Wirkstoff blockiert Produktion des Schadproteins Huntingtin
Gegen Chorea Huntington, mit rund 8000 Betroffenen eine der häufigsten Erbkrankheiten in Deutschland, gibt es bislang keine Medikamente, die das Übel an der Wurzel packen. Stattdessen wird versucht, die toxischen Auswirkungen des Proteins Huntingtin abzumildern. Dessen genetische Bauanleitung liegt bei den Erkrankten in fehlerhafter Form vor, wodurch es sich in Gehirnzellen anreichert und unter anderem zu den charakteristischen Bewegungsstörungen und psychischen Veränderungen führt. Betroffene erliegen der Krankheit meist zwei Jahrzehnte nach Auftreten der ersten Symptome.
Nun haben Forscher um Don Cleveland von der University of California in San Diego ein Medikament getestet, mit dem sie die Produktion des krankmachenden Proteins unterbinden wollen. Im Tierversuch zeigte ihr Ansatz bereits Wirkung. Der Kerngedanke ist dabei, mit Hilfe so genannter Antisense-Oligonukleotide (ASOs) die Zelle an der Huntingtin-Herstellung zu hindern.
ASOs bestehen aus kurzen, RNA-ähnlichen Molekülen, deren Basensequenz die Forscher so wählten, dass sie das passende Gegenstück zur Boten-RNA des Huntingtins bilden. Sobald nun die Zelle das fehlerhafte Huntingtin-Gen (Htt-Gen) abliest und dessen Bauanleitung in Boten-RNA übersetzt, schreiten die ASOs der Forscher ein. Der Komplex aus ASO und Boten-RNA wird anschließend von Enzymen abgebaut und damit unschädlich gemacht.
Versuche mit verschiedenen Mausmodellen, bei denen das Htt ebenfalls in mutierter Form vorliegt, erbrachten zufriedenstellende Ergebnisse. So ließen die Mäuse nach einer zweiwöchigen Infusion der ASOs ein halbes Jahr lang keine Bewegungsstörungen erkennen. Überraschenderweise hielt der Effekt selbst dann noch an, als die ASOs längst abgebaut waren und die Produktion des fehlerhaften Huntingtins wieder auf Normalniveau gestiegen war. Anders als bei den Mausmodellen reichert sich das Huntintin bei betroffenen Menschen nur sehr langsam im Gehirn an. Infolgedessen könnte der Effekt bei Chorea-Huntington-Kranken sogar noch ausgeprägter sein, hoffen die Wissenschaftler um Cleveland.
Auch andere Forschergruppen hätten bereits versucht, während der Produktion des Huntingtins zu intervenieren, berichten die Autoren der Studie. Der Vorteil ihres Ansatzes sei jedoch, dass die ASOs vergleichsweise unkompliziert verabreicht werden könnten: Während andere Wirkstoffe mit Stummschaltefunktion direkt ins Hirn injiziert werden müssten, könne man ihr Medikament beispielsweise über die Wirbelsäule spritzen. Von dort würde es sich bis ins Gehirn ausbreiten, wie ihre Experimente an Rhesusaffen zeigten.
Da sowohl die Therapie mit Antisense-Oligonukleotiden als auch das Verabreichen des Wirkstoffs über den Lumbalkanal in der Wirbelsäule bei anderen Krankheiten bereits erprobte Techniken seien, gehen sie davon aus, in Kürze mit ersten Tests an Menschen beginnen zu können.
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