Mit einem numerischen Verfahren, das Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Polymerforschung in Mainz und für Physik komplexer Systeme in Dresden zusammen mit Kollegen in den USA entwickelt haben, ist es offenbar erstmals möglich, aus der molekularen Struktur von Polymeren bestimmte makroskopische Eigenschaften vorherzusagen. Das Verfahren beruhe auf einer Analyse des Verknotungszustandes aller Polymere in einer simulierten Schmelze, die sämtliche Interaktionen zwischen den unzähligen Ketten vollständig berücksichtigt, wie es in einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft heißt.

Mit dem neuen Algorithmus sei man jetzt in der Lage, die viskoelastischen Eigenschaften vieler wichtiger Polymerklassen zu beschreiben. Das zeige ein Vergleich zwischen experimentellen und Simulationsergebnissen. Als viskoelastisch bezeichnet man das Verhalten von Materialien, die bei langsamer Kräfteeinwirkung zäh wie eine hochviskose Flüssigkeit reagieren, bei mechanischer Spannung dagegen elastisch wie ein Festkörper. Die viskoelastischen Eigenschaften von Polymeren sind für die Herstellung von Kunststoffprodukten jeglicher Art von großer Bedeutung.

Die Möglichkeit zur zuverlässigen Beschreibung und Vorhersage habe unmittelbar wirtschaftliche Bedeutung etwa für die chemische oder die verarbeitende Industrie. Trotz des erwarteten ökonomischen Nutzens aber haben die Wissenschaftler um Ralf Everaers ihr neues Verfahren nicht geschützt. Wegen der Allgemeingültigkeit sei eine Patentierung gerade der nicht-ökonomische Weg für den effektiven Transfer zur Anwendung, meint Kurt Kremer, Direktor des Mainzer Max-Planck-Instituts.