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Schizophrenie: »KarXT« macht Hoffnung

Ein neues Schizophrenie-Mittel setzt erstmals an den Muskarinrezeptoren des Gehirns an. Es ist wirksamer und verträglicher als bisherige Präparate und jetzt in den USA zugelassen.
Frau dreimal transparent, Symbolbild psychische Zerfahrenheit
Seit den 1950ern gibt es Psychopharmaka gegen Schizophrenie. Doch vielen Erkrankten helfen sie nicht genug.

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) genehmigte Ende September 2024 das Schizophrenie-Medikament »KarXT«. Es unterscheidet sich in seiner Wirkweise grundlegend von bisherigen Antipsychotika, auch Neuroleptika genannt, mit denen Erkrankte seit Jahrzehnten behandelt werden.

KarXT ist das erste Schizophrenie-Mittel, das auf die so genannten Muskarinrezeptoren des Gehirns abzielt. Die Aktivierung dieser Rezeptoren dämpft die Freisetzung von Dopamin. Der Botenstoff ist entscheidend für die typischen Symptome der Krankheit: Halluzinationen, etwa das Hören von Stimmen, und Wahnvorstellungen wie das Gefühl, verfolgt zu werden.

Doch Muskarinrezeptoren steuern noch andere Schaltkreise im Gehirn, etwa solche, die an Denkprozessen und der Verarbeitung von Gefühlen beteiligt sind. In klinischen Studien besserten sich dank KarXT nicht nur Trugwahrnehmungen und Wahn, Erkrankte konnten auch klarer denken: Verglichen mit einem Placebo schnitten Teilnehmer mit KarXT in Merkaufgaben deutlich besser ab.

Hier können bisherige Medikamente, die die Dopaminrezeptoren direkt blockieren, noch nicht gut eingreifen. Gefühlsarmut und Konzentrationsprobleme bleiben oft bestehen. Da diese Symptome weiterhin für Isolation und Berufsunfähigkeit sorgen, könnte das neue Präparat Erkrankten zu mehr Lebensqualität verhelfen.

Der zweite Vorteil von KarXT ist sein besseres Nebenwirkungsprofil. Herkömmliche Antipsychotika haben häufig erhebliche unerwünschte Effekte. Manche Patienten entwickeln Zuckungen, die teils auch nach dem Absetzen der Medikamente bleiben. Einige nehmen von den Substanzen stark zu oder werden apathisch. Bei KarXT fielen die Nebenwirkungen in klinischen Studien harmloser aus. Sie beschränkten sich hauptsächlich auf Verdauungsprobleme.

Das Medikament ist unter anderem deshalb relativ verträglich, weil es den Wirkstoff Xanomelin, der ursprünglich für die Behandlung von Alzheimer getestet worden war, mit Trospium kombiniert. Trospium sorgt dafür, dass Xanomelin gezielt im Gehirn wirkt und nicht auch auf die Muskarinrezeptoren im Rest des Körpers.

Ein Nachteil von KarXT ist, dass man das Mittel zweimal am Tag einnehmen muss – für einige Menschen mit Schizophrenie kaum machbar. Zum Vergleich: Übliche Antipsychotika gibt es teils als Depotspritze, deren Wirkung mehrere Wochen anhält. Außerdem ist das neue Präparat teuer. Ob und wann auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) KarXT oder ähnliche Medikamente zulassen wird, ist noch nicht bekannt.

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