Sonnensystem : Neues Wissen vom Ringplaneten
Sie war noch gar nicht beim Planeten Saturn angekommen, da hat die Weltraumsonde Cassini-Huygens schon fleißig Daten gesammelt. So viel, dass Wissenschaftler auch ein halbes Jahr nach dem Einschwenken in die Umlaufbahn immer noch mit der Auswertung beschäftigt sind und Neues über den Planeten, seinen Ring und seine Monde zu berichten haben.
Wissenschaftliche Forschung ist Teamarbeit – vor allem, wenn sie mit einer Reise in den Weltraum verbunden ist. Jedes einzelne Messgerät muss genau geplant, entwickelt, gebaut, getestet und verbessert werden, während des Fluges ist es zu kontrollieren und zu warten, jemand muss dem Apparat die richtigen Befehle senden, die eingehenden Daten auffangen, abspeichern, an die Kollegen verteilen, die sich dann über das Material hermachen, es nach unterschiedlichen Gesichtspunkten analysieren, verschiedene Fragen stellen und nach deren Antworten suchen. Kein Wunder also, wenn über den beiden neusten Veröffentlichungen der Cassini-Huygens-Mission zum Saturn einmal 16, einmal 27 Autoren stehen.
Blick ins Ultraviolette
Gemeinsam ist den Arbeiten, dass sie jeweils die Daten eines bestimmten Instruments ausgewertet haben. Beispielsweise die des Cassini Ultraviolet Imaging Spectrograph (UVIS), der mit seinen Sensoren das ferne UV-Licht während der Annäherung an Saturn und den ersten Umrundungen des Planeten aufgezeichnet hat. Aus diesen Kurven ermitteln Forscher aus Europa und den USA, zu denen auch Axel Korth vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und Ralf Reulke von der Universität Stuttgart gehören, welche Elemente und Verbindungen im Saturnsystem vorkommen [1].
Schon von Weitem fiel das ultraviolette Leuchten von atomarem Sauerstoff auf, das sich bis zum 16-fachen Saturnradius in den Weltraum erstreckte. Zeitweise war eine Million Tonnen Sauerstoff um den Planeten verteilt, den die Sonnenstrahlung zum Fluoreszieren anregte. Woher das Element stammt, ist noch nicht geklärt. Womöglich wird es aus Wassermolekülen freigesetzt, die bei den Kollisionen bislang unbekannter Objekte frisch an die Oberfläche gelangen.
Einen derartigen Mechanismus vermutet man auch als Grund für die ungleiche Verteilung von hellen und dunklen Bereichen in den Saturnringen. Während der äußere A-Ring im ultravioletten Licht am hellsten strahlt, ist der mittlere B-Ring dunkler, und am schwächsten leuchtet der innere C-Ring. Den Spektren zufolge besteht vor allem der A-Ring aus einem Gemisch von Wassereis und dunklem Material. Vielleicht, weil er am frischesten ist. Mit einem Modell versuchen die Astronomen, das Geschehen um Saturn zu verstehen. Danach wird der A-Ring ab und zu teilweise erneuert, wenn alle paar Millionen Jahre ein kleiner Mond mit rund 20 Kilometern Durchmesser in einer Folge von Kollisionen aufgerieben wird. Dabei kommt sein Wassereis-haltiges Inneres zum Vorschein und hellt den äußeren Ring zunächst lokal auf, verteilt sich aber mit der Zeit. Nach und nach setzen sich Staub und kleine dunkle Meteoriten auf dem hellen Eis ab und verschmutzen es – der Ring verliert an Helligkeit.
Eine fleckige Erscheinung aus hellen und dunklen Bereichen zeigt auch der entfernte Saturnmond Phoebe. Die UV-Spektren weisen auf gefrorenes Wasser und Kohlendioxid an einer rauen Oberfläche hin. Weil Phoebe seine Bahn in einem Abstand von gut 215 Saturnradien zieht und kaum der Schwerkraft des Planeten gehorchen mag, gehen Wissenschaftler schon länger davon aus, dass der Körper ursprünglich auf eigene Faust unterwegs war und eines Tages vom Saturn eingefangen wurde. Die Frage war nur: Stammt Phoebe von den Asteroiden ab, oder kommt er aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems? Cassinis UV-Daten favorisieren nun die letztgenannte Hypothese, da die Zusammensetzung des unfreiwilligen Mondes an Kometen erinnert, die aus den Tiefen des Planetensystems auftauchen.
Radiowellen und Plasmadaten
Das zweite Forscherteam widmete seine Aufmerksamkeit ganz den Daten des Radio and Plasma Wave Science (RPWS) – Instruments, das neben elektrischen und magnetischen Feldern auch die Ionendichte in seiner Umgebung bestimmen kann [2].
Seit den Voyager-Sonden ist bekannt, dass der Saturn fleißig Radiowellen aussendet, deren Stärke mit der Planetenrotation zusammenhängt. Damals in den Jahren 1980 und 1981 lag die Dauer eines Saturntages bei zehn Stunden, 39 Minuten und 24 Sekunden. Als Cassini nun nachmaß, hatte sich die Rotation offenbar verlangsamt: Der Planet benötigt mittlerweile zehn Stunden, 45 Minuten und 45 Sekunden für eine Umdrehung – rund sechs Minuten mehr als vor 23 Jahren. Im Gegensatz dazu ist die Tagesdauer auf dem Jupiter seit fünfzig Jahren im Sekundenbereich genau. Was also bremst den Saturn ab? Die Antwort bleiben die Wissenschaftler vorerst noch schuldig. Möglicherweise hat es mit dem Magnetfeld des Planeten zu tun, aber mehr als theoretische Überlegungen können die Forscher bislang nicht vorweisen.
Dafür konnten sie bestätigen, dass die ab und zu auftretenden besonders heftigen elektrostatischen Entladungen des Saturn mit Blitzen in dessen Atmosphäre zusammenhängen. Eine Million Mal stärker als auf der Erde sind die dazugehörigen Radiosignale. Starke Gewitter also, die meistens mehrer Stunden andauern.
Auch das Weltraumwetter um Saturn herum ist ungemütlich. Das Magnetfeld des Planeten lenkt die geladenen Teilchen des Sonnenwindes für gewöhnlich um und lässt Wellen von Plasma entstehen. Bereits in einem Abstand von 825 Saturnradien konnte Cassini die erste Elektronenplasmawelle verzeichnen. Für das RPWS machen diese stellaren Brandungswellen sich als verstärktes Rauschen bemerkbar. Kompliziert wird das Wechselspiel zwischen Magnetfeldern und Plasma auch durch die Anwesenheit der Saturnringe. Bis zu 100 Elektronen pro Kubikzentimeter konnte RPWS in der Nähe von Ring A verzeichnen. In anderen Bereichen sinkt die Dichte auf 0,03 Elektronen pro Kubikzentimeter herab.
Cassini ist erst ein knappes halbes Jahr in einer Umlaufbahn um Saturn und überschüttet die Wissenschaftler schon mit ständig neuen Daten zu den verschiedensten Teilgebieten. Dabei geht die Mission gerade richtig los. Einen Höhepunkt wird sie sicherlich im Januar 2005 erleben, wenn die Landeeinheit Huygens auf dem Mond Titan aufsetzt – wobei niemand sagen kann, ob Huygens dort festes Land oder ein eisiges Meer erwartet. Es bleibt eben spannend da draußen.
Blick ins Ultraviolette
Gemeinsam ist den Arbeiten, dass sie jeweils die Daten eines bestimmten Instruments ausgewertet haben. Beispielsweise die des Cassini Ultraviolet Imaging Spectrograph (UVIS), der mit seinen Sensoren das ferne UV-Licht während der Annäherung an Saturn und den ersten Umrundungen des Planeten aufgezeichnet hat. Aus diesen Kurven ermitteln Forscher aus Europa und den USA, zu denen auch Axel Korth vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und Ralf Reulke von der Universität Stuttgart gehören, welche Elemente und Verbindungen im Saturnsystem vorkommen [1].
Schon von Weitem fiel das ultraviolette Leuchten von atomarem Sauerstoff auf, das sich bis zum 16-fachen Saturnradius in den Weltraum erstreckte. Zeitweise war eine Million Tonnen Sauerstoff um den Planeten verteilt, den die Sonnenstrahlung zum Fluoreszieren anregte. Woher das Element stammt, ist noch nicht geklärt. Womöglich wird es aus Wassermolekülen freigesetzt, die bei den Kollisionen bislang unbekannter Objekte frisch an die Oberfläche gelangen.
Einen derartigen Mechanismus vermutet man auch als Grund für die ungleiche Verteilung von hellen und dunklen Bereichen in den Saturnringen. Während der äußere A-Ring im ultravioletten Licht am hellsten strahlt, ist der mittlere B-Ring dunkler, und am schwächsten leuchtet der innere C-Ring. Den Spektren zufolge besteht vor allem der A-Ring aus einem Gemisch von Wassereis und dunklem Material. Vielleicht, weil er am frischesten ist. Mit einem Modell versuchen die Astronomen, das Geschehen um Saturn zu verstehen. Danach wird der A-Ring ab und zu teilweise erneuert, wenn alle paar Millionen Jahre ein kleiner Mond mit rund 20 Kilometern Durchmesser in einer Folge von Kollisionen aufgerieben wird. Dabei kommt sein Wassereis-haltiges Inneres zum Vorschein und hellt den äußeren Ring zunächst lokal auf, verteilt sich aber mit der Zeit. Nach und nach setzen sich Staub und kleine dunkle Meteoriten auf dem hellen Eis ab und verschmutzen es – der Ring verliert an Helligkeit.
Eine fleckige Erscheinung aus hellen und dunklen Bereichen zeigt auch der entfernte Saturnmond Phoebe. Die UV-Spektren weisen auf gefrorenes Wasser und Kohlendioxid an einer rauen Oberfläche hin. Weil Phoebe seine Bahn in einem Abstand von gut 215 Saturnradien zieht und kaum der Schwerkraft des Planeten gehorchen mag, gehen Wissenschaftler schon länger davon aus, dass der Körper ursprünglich auf eigene Faust unterwegs war und eines Tages vom Saturn eingefangen wurde. Die Frage war nur: Stammt Phoebe von den Asteroiden ab, oder kommt er aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems? Cassinis UV-Daten favorisieren nun die letztgenannte Hypothese, da die Zusammensetzung des unfreiwilligen Mondes an Kometen erinnert, die aus den Tiefen des Planetensystems auftauchen.
Radiowellen und Plasmadaten
Das zweite Forscherteam widmete seine Aufmerksamkeit ganz den Daten des Radio and Plasma Wave Science (RPWS) – Instruments, das neben elektrischen und magnetischen Feldern auch die Ionendichte in seiner Umgebung bestimmen kann [2].
Seit den Voyager-Sonden ist bekannt, dass der Saturn fleißig Radiowellen aussendet, deren Stärke mit der Planetenrotation zusammenhängt. Damals in den Jahren 1980 und 1981 lag die Dauer eines Saturntages bei zehn Stunden, 39 Minuten und 24 Sekunden. Als Cassini nun nachmaß, hatte sich die Rotation offenbar verlangsamt: Der Planet benötigt mittlerweile zehn Stunden, 45 Minuten und 45 Sekunden für eine Umdrehung – rund sechs Minuten mehr als vor 23 Jahren. Im Gegensatz dazu ist die Tagesdauer auf dem Jupiter seit fünfzig Jahren im Sekundenbereich genau. Was also bremst den Saturn ab? Die Antwort bleiben die Wissenschaftler vorerst noch schuldig. Möglicherweise hat es mit dem Magnetfeld des Planeten zu tun, aber mehr als theoretische Überlegungen können die Forscher bislang nicht vorweisen.
Dafür konnten sie bestätigen, dass die ab und zu auftretenden besonders heftigen elektrostatischen Entladungen des Saturn mit Blitzen in dessen Atmosphäre zusammenhängen. Eine Million Mal stärker als auf der Erde sind die dazugehörigen Radiosignale. Starke Gewitter also, die meistens mehrer Stunden andauern.
Auch das Weltraumwetter um Saturn herum ist ungemütlich. Das Magnetfeld des Planeten lenkt die geladenen Teilchen des Sonnenwindes für gewöhnlich um und lässt Wellen von Plasma entstehen. Bereits in einem Abstand von 825 Saturnradien konnte Cassini die erste Elektronenplasmawelle verzeichnen. Für das RPWS machen diese stellaren Brandungswellen sich als verstärktes Rauschen bemerkbar. Kompliziert wird das Wechselspiel zwischen Magnetfeldern und Plasma auch durch die Anwesenheit der Saturnringe. Bis zu 100 Elektronen pro Kubikzentimeter konnte RPWS in der Nähe von Ring A verzeichnen. In anderen Bereichen sinkt die Dichte auf 0,03 Elektronen pro Kubikzentimeter herab.
Cassini ist erst ein knappes halbes Jahr in einer Umlaufbahn um Saturn und überschüttet die Wissenschaftler schon mit ständig neuen Daten zu den verschiedensten Teilgebieten. Dabei geht die Mission gerade richtig los. Einen Höhepunkt wird sie sicherlich im Januar 2005 erleben, wenn die Landeeinheit Huygens auf dem Mond Titan aufsetzt – wobei niemand sagen kann, ob Huygens dort festes Land oder ein eisiges Meer erwartet. Es bleibt eben spannend da draußen.
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