Neuronale Verjüngung: Asthmamedikament als Jungbrunnen fürs Hirn
Das Asthmamedikament Montelukast könnte eine verjüngende Wirkung auf Rattenhirne haben, berichtet eine Forschergruppe um Ludwig Aigner von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. Die Wissenschaftler haben das Medikament sechs Wochen lang an ältere Ratten verfüttert und festgestellt, dass sich deren Gedächtnis verbesserte. Möglicherweise hemmt der Wirkstoff Entzündungsreaktionen im Gehirn der betagten Tiere und führt so zu einer besseren kognitiven Leistung.
Aigner und Kollegen testeten die Gedächtnis- und Lernleistung ihrer Nager, indem sie diese in ein wassergefülltes Becken setzten und maßen, wie gut sich die Tiere an die Position einer unter Wasser verborgenen Plattform erinnern konnten. Die sieben 20 Monate alten Ratten, die das Medikament bekommen hatten, schnitten bei diversen Tests messbar besser ab als ihre nicht behandelten Altersgenossen. Mitunter erreichten sie sogar eine Lernleistung, die mit der von Jungtieren vergleichbar war. Bei jungen Ratten hingegen führte Montelukast zu keinerlei Verbesserungen.
Gedächtnis und Lernen hängen mit der Funktion des Hippocampus im Gehirn zusammen. So reifen beispielsweise in dessen Gyrus dentatus ein Leben lang Nervenzellen heran, die maßgeblich an der Abspeicherung neuer Gedächtnisinhalte beteiligt sind. Im Alter lässt die Nervenneuentstehung allerdings nach. Das Team um Aigner fragte sich nun, ob das Verabreichen von Montelukast in diesem Hirnareal Veränderungen hervorrufen würde. Tatsächlich war das der Fall: Im Gyrus dentatus entstanden bei den behandelten alten Ratten mehr neue Nervenzellen als bei ihren unbehandelten Altersgenossen.
Das Team um Aigner vermutet, dass dieser "Verjüngungseffekt" auf der Abmilderung von Entzündungsreaktionen beruht, die für das alternde Gehirn typisch sind. Montelukast hemmt die Wirkung von so genannten Leukotrienen, die in weißen Blutkörperchen enthalten sind und solche Entzündungen auslösen. Damit kann es Asthmasymptome lindern – und eben möglicherweise auch im Gehirn für einen eher jugendlichen Stoffwechsel sorgen, der weniger anfällig für Entzündungen ist. Untersuchungen, die Aigner und Kollegen an den Ratten vornahmen, unterstützten diese Hypothese. So war beispielsweise das Immunsystem im Gehirn der behandelten Nager weniger aktiv.
Ob Montelukast in dieser Weise auch auf das menschliche Gehirn wirkt und dort zu nützlichen Veränderungen führt, ist noch offen. Ein Einfluss ist aber immerhin denkbar, denn die Forscher konnten zeigen, dass das Medikament auch beim Menschen die Blut-Hirn-Schranke überwindet.
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