Quantenelektrodynamik: Neutronenstern-Magnetsturm springt Quantentheoretikern zu Hilfe
Die Magnetfelder um einen Neutronenstern sind derart stark, dass sie sich sogar auf die Natur des Vakuums auswirken – wenn dieses Vakuum, wie von der vor 80 Jahren formulierten Quantenelektrodynamik (QED) gefordert, eben nicht völlig leer, sondern mit ständig entstehenden und verschwindenden virtuellen Teilchen gefüllt ist. In diesem Fall müsste man den Einfluss der Magnetfelder auf diese Teilchen aber auch messen können und die Quantenelektrodynamik damit bestätigen – was nun ESO-Wissenschaftlern offenbar tatsächlich gelungen ist. Sie beobachteten mit dem Very Large Telescope (VLT) die Umgebung des erdnächsten Neutronensterns, RXJ1856.5-3754, und fanden tatsächlich Hinweise auf die gesuchte lineare Polarisation von Photonen in der Nähe des Magnetfeldmonsters. Damit wäre tatsächlich ein weiterer Hinweis auf die Stimmigkeit der QED gelungen, der seit vielen Jahrzehnten ausstand.
Die in den 1940er Jahren formulierte Quantenelektrodynamik (QED) beschreibt die Wechselwirkung zwischen Photonen des Lichts und geladenen Teilchen wie Elektronen und Positronen und ist eine der genauesten experimentell überprüften physikalischen Theorien. Ein bestimmter direkter experimenteller Nachweis stand bis dato aber noch aus: Die QED verlangt, dass sich ein hochmagnetisiertes Vakuum für die Ausbreitung des Lichts wie ein Prisma verhält. Diese "Vakuumdoppelbrechung" von Photonen durch die virtuellen Teilchen kann nur in Gegenwart enorm starker Magnetfelder wie etwa um Neutronensterne auftreten. Dies gelang den ESO-Wissenschaftlern, die die Umgebung des rund 400 Lichtjahre entfernten, von der Erde aus extrem lichtschwachen RXJ1856.5-3754 mit dem hoch empfindlichen FORS2-Instrument des VLT beobachteten. Die Auswertung zeigte eine lineare Polarisation des Lichts von rund 16 Prozent im Magnetsturm des Neutronensterns.
Diese hohe lineare Polarisation ließ sich kaum anders als mit Hilfe der "durch die QED prognostizierten vakuumdoppelbrechenden Effekte" erklären, meint Teammitglied Roberto Mignani, während Kollegin Silvia Zane ergänzt, dass "diese VLT-Beobachtungen erstmals die Vorhersagen dieser Art von QED-Effekten unterstützen, die sich in extrem starken Magnetfeldern ergeben". Es gebe zwar theoretisch auch andere Prozesse, die Sternenlicht im Raum polarisieren – zum Beispiel eine Streuung des Lichts an Staubkörnern. Die Forscher halten es aber für unwahrscheinlich, dass das von ihnen aufgedeckte Polarisationssignal durch solche Effekte hervorgerufen wurde.
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