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Neutronensterne: Tropfende Elementarteilchen erzeugen nukleare Pasta

In den superdichten Sternüberresten nimmt Materie exotische Formen an. Ein neues Modell legt nahe: Protonen und Neutronen tropfen aus Atomkernen heraus und werden zu bizarren Formen verzerrt.
Visualisierung des Magnetfelds eines Neutronensterns. Allerdings würde man den Neutronenstern vermutlich nicht so sehen können, denn wenn man so nah dran wäre, wäre man tot.
Künstlerische Darstellung des Magnetfelds um einen Neutronenstern.

Für Nudeln braucht man die richtige Soße – das gilt sogar im Inneren von Neutronensternen. Eine Arbeitsgruppe um Jonas Keller von der TU Darmstadt hat gezeigt, dass in diesen mysteriösen Himmelskörpern Protonen eine Materiephase bilden, die »nukleare Pasta« begünstigt – Elementarteilchen, die von den extremen Bedingungen zu Fäden und Platten verzerrt werden. Wie das Team in der Fachzeitschrift »Physical Research Letters« berichtet, können Protonen aus Atomkernen »heraustropfen« und sich in einer Art Teilchensuppe anreichern, in der die verbleibenden Atomkerne in Neutronensternen herumschwimmen. Die zusätzlichen Protonen in diesem Gemisch stabilisieren laut den Rechnungen des Teams die spagetti- und lasagneförmig verzerrten Teilchen.

Neutronensterne sind Sternüberreste, die so gerade eben nicht zu Schwarzen Löchern kollabiert sind. Sie haben die ein- bis zweifache Masse der Sonne, aber nur wenige Kilometer Durchmesser. Die Materie in ihnen hat eine unvorstellbar hohe Dichte, besteht weit überwiegend aus Neutronen und hat exotische Eigenschaften, die bisher nur teilweise geklärt sind. Theoretische Rechnungen zeigen, dass Neutronen aus den Kernen »heraustropfen« und eine Neutronensoße bilden, in der die verbleibenden Atomkerne schwimmen. Die Elementarteilchen könnten darin, legen die Modelle nahe, zu ungewöhnlichen Formen verzerrt werden könnten. Doch was dabei genau passiert, ob die nukleare Pasta wirklich existiert und wie sich das alles auf die Eigenschaften von Neutronensternen auswirkt, ist bisher weitgehend unklar.

Die Arbeitsgruppe um Keller untersuchte nun, ob auch die Protonen aus den verbleibenden Atomkernen heraustropfen können und dadurch in der Neutronensuppe herumschwimmen. Dazu berechnete sie mit Hilfe einer neuen Methode die Energien innerhalb der Mischung aus klassischer Kernmaterie und Neutronensuppe abhängig vom jeweiligen Anteil an Protonen. Das Ergebnis: In Bereichen mit bestimmter Dichte tropfen ebenfalls Protonen in die Soße. Demnach besteht dieser Bereich der Neutronensterne nicht aus Proton-Neutron-Klößen in Neutronensoße, sondern aus zwei im Gleichgewicht befindlichen gemischten Phasen. Zusätzlich zeigen die Rechnungen, dass die Protonen in der Soße ebenso die bislang hypothetische nukleare Pasta begünstigen, was natürlich schon aus kulinarischer Perspektive zu begrüßen ist. Es besteht zwar keine Aussicht, dieses exotische Tellergericht jemals direkt zu beobachten, doch die Hoffnung ist, derartige Modelle mit Hilfe indirekter Beobachtungen zum Beispiel von Neutronenstern-Kollisionen irgendwann bestätigen zu können.

  • Quellen
Keller, J et al., Phys. Rev. Lett. 132, 232701, 2024.

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