Zwergplanet Pluto: Pluto von hinten
Seit rund zehn Tagen übermittelt die US-Raumsonde New Horizons wieder Bilder aus dem Plutosystem, welche die Sonde bei ihrem nahen Vorbeiflug am 14. Juli 2015 aufgenommen und an Bord gespeichert hatte. Am Abend des 17. September 2015 veröffentlichte die NASA erneut neue Aufnahmen von Pluto, die wirklich atemberaubend sind. Ein Bild zeigt die Plutosichel rund eine Viertelstunde nach der dichtesten Annäherung aus einer Entfernung von nur rund 18 000 Kilometern. Die Aufnahme entstand mit der Kamera Ralph beziehungsweise mit der "Multispectral Visual Imaging Camera" (MVIC) und erstreckt sich über eine Breite von 1250 Kilometern.
Im Licht der tief stehenden Sonne tritt das Relief der Plutooberfläche besonders deutlich hervor. Zudem werden mehr als ein Dutzend diskreter Dunstschichten in der dünnen Plutoatmosphäre sichtbar, ein Hinweis auf ein dynamisches Wettergeschehen auf dem Zwergplaneten. Sie zeigen sich bis zu einer Höhe von rund 100 Kilometern. In der Vergrößerung des mittleren Bereichs der Plutosichel zeigen sich die Unterschiede zwischen der glatten Ebene mit dem vorläufigen Namen Sputnik Planum und den bis zu 3500 Meter hohen Bergen besonders auffällig. Das Bild wirkt wie eine extreme Weitwinkelaufnahme eines irdischen, mit Eis bedeckten polaren Ozeans mit darin treibenden Eisbergen. Links von Sputnik Planum sind die inoffiziell Norgay Montes genannten Gebirgszüge sichtbar, und zum Horizont hin ragen die Hillary Montes auf.
Deutlich lassen sich auf Sputnik Planum Fließtexturen erkennen: Das Material hat sich über lange Zeiträume hinweg plastisch deformiert. Spektroskopische Daten zeigen, dass diese Eisebene vorwiegend aus gefrorenem Stickstoff mit Beimengungen von Kohlenmonoxid und Methan besteht. Dieses Eisgemisch ist auch bei den tiefen Temperaturen auf Pluto von rund –230 Grad Celsius plastisch und kann daher wie das Wassereis eines irdischen Gletschers fließen.
Nicht nur hoch über der Plutooberfläche lassen sich Dunstschichten erkennen; auch in Bodennähe zeigt sich an der Tag-Nacht-Grenze eine solche, die durchaus an irdischen Nebel erinnert. Hier ist die Sonne gerade im Begriff unterzugehen. Somit werden ihre extrem flach einfallenden Strahlen teilweise von Bergen abgeblockt, die ihre lang gestreckten Schatten auf die Dunstschicht werfen. Bislang ist unbekannt, woraus diese bestehen – es könnte sich um Kohlenwasserstoffe handeln. Auf jeden Fall werden spektroskopische Messdaten darüber Aufschluss geben, die noch an Bord der Sonde gespeichert sind. Derzeit befinden sich viele hundert Aufnahmen und zahlreiche Messdaten von Pluto und seinen fünf Monden im Datenspeicher der Sonde. Ihre vollständige Übertragung zur Erde wird wohl rund ein Jahr dauern. Mit großartigen Überraschungen darf also weiterhin gerechnet werden.
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