Direkt zum Inhalt

Superkeime: Nicht genetische Resistenz gegen Nanosilber

Fein verteilte Silberpartikel wirken antibakteriell. Allerdings werden Bakterien schnell unempfindlich - sie müssen dafür nicht mal auf eine Mutation warten.
Silbern glänzende Kugeln, eine davon blau, in einem kubisch-primitiven Gitter

Krankheitserreger können sich vor antibakteriellen Silbernanopartikeln schützen, indem sie einfach mehr von einem weit verbreiteten Protein erzeugen. Das Eiweiß Flagellin, aus dem Flagellen bestehen, mit denen sich viele Bakterien fortbewegen, lässt kolloidales Silber verklumpen. Die Resistenz entwickelt sich dabei ohne genetische Veränderungen, wie eine Arbeitsgruppe um Radek Zbořil von der Palacký Universität Olomouc in der Tschechischen Republik in »Nature Nanotechnology« berichtet. In den Experimenten setzte die Arbeitsgruppe zwei Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli sowie den oft multiresistenten und in Krankenhäusern weit verbreiteten Erreger Pseudomonas aeruginosa geringen Konzentrationen von Nanosilber aus. Bereits nach wenigen Wachstumszyklen zeigten sich die Bakterien zunehmend widerstandsfähiger gegen die Nanoteilchen und entwickelten im Lauf des Versuchs eine komplette Resistenz. Silbernanoteilchen kommen in vielen Gebrauchsgegenständen und medizinischen Geräten zum Einsatz. Über mögliche Resistenzen diskutieren Fachleute seit Jahren.

Hinter der von Zbořils Team entdeckten Widerstandskraft steckt allerdings kein normaler genetischer Mechanismus: Wie die Forscher berichten, bleiben auch die komplett resistenten Stämme empfindlich gegen Silberionen, durch die die Wirkung der Nanopartikel zu Stande kommt. Der Trick der Bakterien besteht darin, das fein verteilte Silber verklumpen zu lassen. In den Kulturschalen der resistenten Bakterien bildete sich ein grauer Bodensatz aus Silber und bakteriellem Eiweiß. In weiteren Untersuchungen belegte die Arbeitsgruppe, dass der Effekt durch überschüssiges Flagellin in der Lösung ensteht. Flagellin ist nicht nur Bestandteil der Flagellen, sondern spielt auch bei der Bildung von Biofilmen eine Rolle, so dass viele Bakterien das Protein in großen Mengen ausschütten können. Die Resistenz ist deswegen auch nicht genetisch, sondern quasi eine Verhaltensänderung der Bakterien. Der Befund zeigt, dass Krankheitserreger nicht nur analog zu klassischen Antibiotika gegen Silber resistent werden können, sondern sich auch direkt an Silberteilchen in der Umwelt anpassen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.