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News: Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2000

In unserer modernen Welt werden zu den verschiedensten Themen immer mehr Informationen erhoben und gesammelt, unter anderem auch ökonomische Daten über Einzelpersonen, Haushalte oder Unternehmen. Diese so genannten Mikrodaten können im Hinblick auf die verschiedensten Fragestellungen untersucht werden. Gleichzeitig sind durch die Fortschritte in der elektronischen Datenverarbeitung immer vielfältigere Berechnungen realisierbar. Das Fachgebiet, welches sich mit Auswertungen und Modellen im Grenzbereich von Ökonomie und Statistik beschäftigt, ist die Mikroökonometrie. Für die Entwicklung von Analysemethoden in diesem Gebiet - welche auch in den Sozialwissenschaften Anwendung finden - erhalten die Amerikaner James J. Heckman und Daniel L. McFadden den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften des Jahres 2000.
Wirtschaftliche Faktoren wirken sich direkt das Verhalten von Einzelpersonen, Haushalten und natürlich Unternehmen aus. Was zum Beipiel beeinflusst die Entscheidung einer Person, einen Arbeitsplatz zu besetzen, und warum entscheidet sie sich für einen bestimmten stundenweisen Arbeitsumfang? Um solche Fragestellungen zu beantworten, werden nicht nur die entsprechenden Datensammlungen benötigt, sondern auch adäquate Methoden zu deren Analyse.

"Trau' nur der Statistik, die du selber gefälscht hast!" Diesen Spruch kennen die meisten, die einmal mit statistischen Auswertungen zu tun hatten. Ein wichtiges Problem stellen selektive, also nicht repräsentative, Stichproben dar, aus denen dann auf eine Gesamtheit zurückgeschlossen wird. So würden an einer Montags-Umfrage in einer Fußgängerzone bevorzugt Menschen teilnehmen, die nicht berufstätig sind. Oder ein Online-Fragebogen wird nur von Personen ausgefüllt, die an der damit verbundenen Verlosung und einem bestimmten Preis interessiert sind, was dann Selbstselektion genannt wird.

Zusätzlich zu Verschiebungen, die eventuell in einer unsauberen Datenerhebung begründet sind, gibt es aber auch noch unvermeidbare Fehler. Wenn eine Untersuchung zum Lohnniveau bei Hochschulabsolventen durchgeführt wird, so können nur diejenigen befragt werden, die eine Arbeit besitzen. Wird etwa die Bereitschaft, den Wohnort zu wechseln, in Relation zur Lohnhöhe gesetzt, so liegen keine Informationen darüber vor, wie sich dieser Faktor bei denjenigen auswirken würde, die zur Zeit keine Arbeit haben.

Mit Verzerrungen durch solche unvermeidbaren Ungenauigkeiten hat sich James J. Heckman auseinandergesetzt. So entwickelte er unter anderem die Heckman-Korrektur, einen mathematischen Formalismus, um den auftretenden Fehler zu korrigieren. Er hat bedeutende Beiträge unter anderem zur Evaluation von Arbeitsmarkt- und sozialen Hilfsprogrammen geleistet.

Daniel McFaddens wichtigster Beitrag findet sich auf dem Gebiet der diskreten Wahlentscheidungen von Einzelnen, also Entscheidungen, die zwischen endlich vielen Alternativen getroffen werden. McFaddens Methoden können unmittelbar auf empirische Untersuchungen angewandt werden, denen es früher an einer Grundlage in ökonomischer Theorie gemangelt hat.

McFadden geht davon aus, das jede Einzelperson aus einer begrenzten Zahl von Alternativen diejenige auswählt, die für sie die größte Nützlichkeit besitzt. Wenn nach dem Zufallsprinzip viele Einzelne selektiert werden, dann kann eine Menge von Attributen erhoben werden, wie Alter, Geschlecht, Beruf, und weiteres. Es ist nun unter bestimmten Annahmen möglich, zwischen den Alternativen und ihren Attributen, den Individuen und ihren Attributen, und der Nützlichkeit Beziehungen zu berechnen und im Endeffekt Vorraussagen zu treffen.

Dieses von McFadden entwickelte konditionale logit-Modell wird zum Beipiel auf die Bewertung von Transportmodellen oder die Veränderungen in Kommunikationssystemen angewandt. Es existieren inzwischen einige Generalisierungen beziehungsweise Weiterentwicklungen. McFadden hat seine Methoden unter anderem für den Entwurf des lokalen Bahnverkehrs in San Francisco nutzbar gemacht. Gleiches gilt für Investitionen für Telefondienstleistungen und Wohnungen für Senioren.

Kurzbiographie

James Heckman

James Heckman wurde am 19. April 1944 in Chicago geboren. 1965 machte er seinen ersten Abschluss in Mathematik am Colorado College. Im Anschluss daran studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Princeton University, wo er 1971 promovierte. 1973 folgte er dem Ruf der University of Chicago als Professor für Wirtschaftswissenschaften. Hier ist er außerdem Direktor der Social Program Evaluation der Harris School of Public Policy.

Daniel L. McFadden

Daniel McFadden kam am 29. Juli 1937 in Raleigh, North Carolina, zur Welt. Er studierte an der University of Minnesota, und zwar zunächst Physik. Anschließend setzte er dort sein Studium im Bereich der Wirtschaftswissenschaften fort und erhielt 1962 die Promotion. Seine Zeit bis zum ordentlichen Professor verbrachte er an der University of Pittsburgh und der University of California in Berkeley. Nach zahlreichen Aufenthalten an verschiedenen amerikanischen Universitäten forscht und lehrt McFadden heute am Economics Laboratory der University of California in Berkeley.

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