Ernährung: Noch ein sechster Geschmackssinn?
Seit einigen Jahren wird diskutiert, ob wir Menschen einen sechsten Geschmackssinn aufweisen, der auf "fettig" spezialisiert ist. Der Rezeptor werde durch langkettige Fettsäuren aktiviert, so die Forscher. Noch ist unklar, ob dieser Fettsensor tatsächlich existiert, und schon macht ein weiterer Geschmackssinn die Runde: Er sei auf Stärke spezialisiert und erkläre, warum wir einen großen Hunger auf Kohlehydrate entwickeln, so Trina Lapis von der Oregon State University und ihr Team. "Jede Kultur besitzt eine reichhaltige Kohlehydratquelle. Die Vorstellung, dass wir etwas nicht schmecken könnten, was wir in großer Menge essen, macht irgendwie keinen Sinn", erläutert Koautorin Juyun Lim von der Oregon State University das Ziel ihrer Arbeit gegenüber dem "New Scientist". Schließlich bilden stärkehaltige Lebensmittel auf Basis von Mais, Weizen, Kartoffeln oder Reis einen Hauptbestandteil unserer Nahrung.
Lange waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass wir Stärke – ein langkettiges Zuckermolekül – nicht direkt wahrnehmen. Stattdessen "schmecken" wir sie indirekt, wenn sie durch Enzyme im Speichel in kürzere Bestandteile zerlegt wurde und dann über den Süßrezeptor aufgenommen wird. Um dies zu testen, verabreichten Lapis und Co ihren Probanden verschiedene Kohlehydratlösungen, in denen längere und kürzere Verbindungen vorhanden waren. Tatsächlich gaben die meisten Teilnehmer an, dass sie einen Stärkegeschmack wahrnahmen. "Asiaten würden sagen, er war reisartig, Europäer dagegen eher pasta- oder brotartig", so Lim. Dieser Eindruck blieb auch bestehen, als die Forscher die Süßrezeptoren ihrer Versuchspersonen mit Hilfe von Lactisol blockierten. Während der Stärkegeschmack erhalten blieb, ging der Eindruck von Süßem verloren. In einem zweiten Versuch verhinderten Lapis und Kollegen, dass Speichelenzyme die Stärke zerlegen konnten. In der Folge schmeckten die Teilnehmer sie auch nicht mehr, nachdem sie eine reine, langkettige Kohlehydratlösung getrunken hatten. Das weise darauf hin, dass der typische Geschmack durch etwas kürzere Verbindungen ausgelöst werde als die ursprüngliche Stärke.
Ohnehin scheint unser Geschmackssinn deutlich vielfältiger zu sein, als ursprünglich angenommen wurde. Neben "fett" und "Stärke" gibt es noch weitere Ergänzungskandidaten, beispielsweise "kokumi", das sich am besten als "herzhaft" definieren lässt. Auch "Kalzium" und "blutig" werden von Rezeptoren erfasst, doch ihre Erforschung steckt noch ganz am Anfang.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben