News: Noch mehr Quastenflosser im Meer
Quastenflosser leben nur in einer, mehrere hundert Tiere umfassenden Population in der Nähe der Komoren im westlichen Indischen Ozean. Dachte man. Man dachte falsch: Vor kurzem entdeckten Wissenschaftler anscheinend eine zweite Population der lebenden Fossilien - im Ozean um die indonesische Insel Manado Tua, etwa 10 000 Kilometer entfernt.
Die Coelacanthini, die Ordnung innerhalb der Quastenflosser, zu der das lebende Fossil Latimeria chalumnae gehört, entstanden vor etwa 370 Millionen Jahren und starben vor 70 Millionen Jahren aus, zur Zeit der Dinosaurier. Zumindest galten sie als ausgestorben – bis Marjorie Courtenay Latimer im Jahr 1938 einen Quastenflosser im Beifang eines Trawlers entdeckte. Zwölf Jahre später wurde ein zweites Exemplar gefunden. Seitdem fing man etwa 200 der Fische im Indischen Ozean vor den Komoren, wo die einzige bislang bekannte Population rezenter Quastenflosser zu finden war.
Mark Erdmann, Biologe an der University of California in Berkley, und seine Kollegen berichten jetzt allerdings in Nature vom 24. September 1998 von einem außergewöhnlichen Fund: Letztes Jahr entdeckte Arnaz Mehta, Erdmanns Ehefrau, auf einem Fischmarkt in Manado, Sulawesi, einen Quastenflosser, den Fischer zum Verkauf anboten. Es gelang ihr, das Tier zu fotografieren, bevor es verkauft wurde. Manado liegt etwa 10 000 Kilometer von den Komoren und der dortigen Population entfernt.
Der Biologe Erdmann begann seine Suche nach dem schwer faßbaren Fisch. Zuerst befragte er einheimische Fischer, von denen einige angaben, den "König der See" – Raja Laut – schon vor Manado Tua gefangen zu haben. Am 30. Juli 1998 schließlich ging einem Fischer ein 29 Kilogramm schwerer, 124 Zentimeter langer Quastenflosser ins Netz. Der Mann verständigte den Wissenschaftler, der sechs Filme von dem noch lebenden Tier schoß. Erdmann fror den gestorbenen Fisch ein und bewahrte Gewebeproben von dem Tier in flüssigem Stickstoff auf.
Anscheinend gehört der indonesische Quastenflosser zur gleichen Spezies wie die Population um die Komoren, Latimera chalumnae. Seine Färbung ist allerdings anders: Bei ihm finden sich die weißen Flecken auf braunem Untergrund. Die Grundfarbe des bekannten Fisches dagegen ist dunkelblau. Trotzdem hält Erdmann es für äußerst unwahrscheinlich, daß die beiden Vorkommen streng voneinander getrennt sind. Eher sind die beiden Populationen über weitere Coelacanthen verbunden, die im Gebiet zwischen den Fundstellen leben, vermutet er. Wie nah die beiden Vorkommen allerdings verwandt sind und wann sie zum letzten Mal in Kontakt waren, hoffen die Forscher durch DNA-Vergleiche festzustellen.
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.