Direkt zum Inhalt

News: Nord-Süd-Konflikt

Während die Eisschicht der Arktis stetig kleiner wird, zeigen Satellitendaten, dass die Eismassen in der Antarktis relativ konstant bleiben. Diese Beobachtung stimmt mit einer Reihe von numerischen Klimamodellen überein, die für die Nordhalbkugel eine im Vergleich zur Südhalbkugel stärkere Erwärmung vorhersagen. Einzig die historischen Aufzeichnungen sprechen gegen dieses Ergebnis. Eine neues Modell kann nun Abhilfe schaffen, denn es deckt sich mit den Erkenntnissen, dass sich das südpolare Eis trotz ansteigender Temperaturen (noch) nicht zurückzieht.
Dass es wärmer wird auf der Welt, steht außer Zweifel. Doch wie komplex das globale Klimasystem ist, offenbart sich erst mit einem Blick auf die lokalen und regionalen Veränderungen. Prognosen für die zukünftige Entwicklung sind somit überaus schwierig und nur mit aufwändigen Computermodellen zu bewerkstelligen. Damit diese überhaupt eine gewisse Aussagekraft haben, müssen sie sich an den Aufzeichnungen der letzten Jahrzehnte messen lassen.

Zu den kompliziertesten Prozessen, die in einer numerischen Klimamodellierung zugrunde liegen, gehört der Wärmefluss in den Ozeanen. Da die Meere viel bessere Wärmespeicher darstellen als die Landmassen, werden die durchschnittlichen Temperaturen auf den Kontinenten demnach stärker ansteigen. Und da ein Großteil der Landmassen auf der Nordhalbkugel liegt, prognostizieren diese Modelle, dass die Lufttemperaturen in den hohen Lagen nördlicher Breite stärker ansteigen als in den südpolaren Regionen, wo die großen Ozeane die ansteigenden Temperaturen abpuffern. Dies zeigt sich dann auch typischerweise im unterschiedlichen Abschmelzen der polaren Eismassen. Während sich das nordische Eis alle zehn Jahre um etwa 2,8 Prozent zurückzieht, bleibt die Ausdehnung der südpolaren Eismassen stabil.

Es gibt einzig ein Problem: In den Aufzeichnungen der vergangenen 1000 Jahre gibt es keine Hinweise darauf, dass sich der Norden heftiger erwärmt als der Süden.

Auch die erste Version des Canadian Global Coupled Model (CGCM) der beiden Meteorologen Greg Flato und George Boer vom Canadian Centre for Climate Modelling and Analysis der University of Victoria ergab diese ungleichmäßige Verteilung zwischen den hohen Breiten des Nordens und des Südens. Und so konzentrierten sich die Forscher bei ihrem neuen CGCM2-Modell auf die grundlegenden Mechanismen des Wärmetransports in den Ozeanen (Geophysical Research Letters vom 1. Januar 2001).

Prinzipiell kann man zwischen zwei Ansätzen unterscheiden. Im einen Fall erfolgt der Wärmetransport in horizontaler und in vertikaler Richtung durch Diffusion, im anderen Fall wird er durch unterschiedliche Wasserdichten und -strömungen gesteuert. Das diffusionskontrollierte CGCM1-Modell führte dazu, dass es zu einem erhöhten Wärmetransport in nördliche Breiten kam, während sich der südliche Ozean besonders tiefgreifend durchmischte. Das Modell hatte somit den Anstieg der Lufttemperatur in den arktischen Regionen überschätzt, in den antarktischen hingegen unterschätzt. Erst als die Forscher mit ihrem Nachfolgermodell CGCM2 in der Lage waren, den Wärmetransport realistischer abzubilden, stimmten die berechneten Daten viel besser mit den historischen Aufzeichnungen überein.

Und die Eismassen? Steht die offenbar stärkere Erwärmung der südpolaren Regionen noch im Einklang mit den Satellitendaten, die keinerlei Rückzugstendenzen der antarktischen Eismassen anzeigen? Sowohl CDCM1 als auch CGCM2 kommen diesbezüglich zu dem gleichen Ergebnis. Beide Modelle prognostizieren einen Rückzug des arktischen Eises, während sich in den südpolaren Regionen keine Veränderungen ergeben – trotz der dort höheren Temperaturen. Die Forscher warnen deshalb davor, die globale Erwärmung allein aus der Geschwindigkeit des Eisrückzuges abzuleiten. Ihrer Meinung nach wird der zukünftige Anstieg der Temperaturen in beiden Polarregionen ganz ähnliche Dimensionen haben. Sie schätzen, dass es hier in den nächsten 50 bis 60 Jahren um bis zu fünf Grad Celsius wärmer wird. Und das wird sicherlich auch für die südlichen Eismassen nicht ohne Folgen bleiben.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.