Internationale Raumstation: Notreparaturen am Kühlsystem der ISS
Die Internationale Raumstation ist das bislang komplexeste von Menschenhand gebaute technische Gebilde im All. Daher verwundert es nicht, wenn es immer wieder einmal zu Ausfällen kommt. Mal verfehlt ein andockbereiter unbemannter Raumtransporter die Station, mal ist eine Kamera kaputt oder, besonders anrüchig, die Bordtoilette streikt – sehr zum Ärger der Astronauten. Die jetzt aufgetretene Panne im Kühlsystem fällt jedoch in eine ernsthaftere Kategorie.
Zwar konnte erfolgreich auf die Backup-Systeme umgeschaltet werden, die völlig zufriedenstellend arbeiten, dennoch möchte sich die NASA ungern auf ein System ohne Reserve verlassen. Sollte auch das zweite Kühlsystem ausfallen, so müsste ein Großteil der elektrischen Bordausrüstung stillgelegt werden, um eine gefährliche Überhitzung von Mannschaft und Technik zu vermeiden.
Daher plant die NASA nun zwei Reparaturausstiege in den freien Weltraum, um das Problem in den Griff zu bekommen. Die erste Außenbordaktivität ist für Freitag, den 6. August 2010, um 12:55 Uhr MESZ geplant, der zweite Ausstieg für Montag, den 9. August. Das Problem sitzt in einem Pumpenmodul in der zentralen Gitterstruktur der ISS, das im Oktober 2002 montiert wurde.
Eine Stromspitze in einer Umwälzpumpe sorgte für das Ansprechen einer Sicherung, so dass die Pumpe nun außer Betrieb ist. Damit ging die Hälfte der Pumpleistung verloren, die flüssigen Ammoniak durch die Kühlleitungen der ISS bewegt und überschüssige Wärme zu den Radiatoren befördert, die sie ins All abstrahlen. Bisherige Analysen des Pumpenfehlers weisen darauf hin, dass die Pumpe intakt ist und der Fehler in der zugehörigen Elektronik zu suchen ist. Wegen des komplexen Aufbaus der Pumpeneinheit werden die Astronauten das gesamte Modul mit einem Ersatzgerät ersetzen, das sich seit Juli 2006 auf der ISS befindet.
Normalerweise werden Raumausstiege Wochen bis Monate im Voraus geplant und in Simulationen immer wieder durchgespielt, bis jeder Handgriff sitzt. Aber die Astronauten erhalten auch ein Grundtraining für Notfallsituationen, und dazu gehören auch Reparaturen am Kühlsystem der ISS.
Heikel bei den Reparturarbeiten ist die Gefahr des Austritts von Kühlmittel. Sollte Ammoniak auf den Oberflächen der Raumanzüge ausfrieren, so gerieten die Astronauten beim Wiedereinstieg in die Luftschleuse in Gefahr. Der Ammoniak würde in der Luftschleuse verdampfen und die Atemluft verseuchen. Ammoniak ist ein stechend riechendes und sehr ätzendes Gas, das direkt die Schleimhäute angreift und daher sehr giftig ist.
Im Johnson Space Center in Houston, Texas, von wo aus der US-Anteil der ISS kontrolliert wird, sind nun Astronautenkollegen eifrig dabei, im Unterwassertraining den Reparatureinsatz zur erproben und ihren Kollegen im All wichtige Tipps und Empfehlungen zu geben. Alle vorhersehbaren Arbeitsschritte werden dort getestet, um die Astronauten im All zu entlasten. Für das Unterwassertraining, bei dem sich mit Einschränkungen Schwerelosigkeit simulieren lässt, befindet sich in Houston ein bis zu zehn Meter tiefes Schwimmbecken, das so genannte Neutral Buoyancy Laboratory. Hier haben bislang alle US-Astronauten für ihre Außenbordaktivitäten trainiert.
Tilmann Althaus
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