Sternentwicklung: Nova Sagittarii 2015 No. 2: Ein Dauerbrenner?
Die Nova erreichte ihr Helligkeitsmaximum von beeindruckenden 4 mag am 22. März 2015 und war damit mit dem bloßen Auge sichtbar. Allerdings war zu dieser Zeit das Sternbild Schütze von unseren Breiten aus nur sehr schlecht am Morgenhimmel zu beobachten, so dass Beobachter auf südlicheren Breiten im Vorteil waren. Die Helligkeit von Nova Sgr 2015 No. 2 fiel schnell innerhalb von vier Tagen wieder auf 6 mag ab und war damit zu leuchtschwach für das bloße Auge.
Das ist in etwa die Dynamik, die man von einer schnellen Nova kennt, aber dieses Ereignis überrascht: Schon zweimal kämpfte sich Nova Sgr 2015 No. 2 von 6 mag auf etwa 4,5 mag zurück, zuletzt Mitte April 2015! Damit handelt es sich also um eine langsame Nova. Sie ist offensichtlich eng verwandt mit der damals sehr hellen Nova Hercules 1934 oder DQ Her. Wenn sich dies bestätigt, dann wird uns Nova Sgr 2015 No. 2 noch über Monate als ein interessantes Feldstecherobjekt erhalten bleiben. Sie lässt sich bei guter Südsicht und Durchsicht in den kommenden Wochen auch von heimischen Standorten aus verfolgen.
Bei DQ Her handelt es sich um einen recht stark magnetischen Weißen Zwerg geringer Masse, also rund eine halbe Sonnenmasse oder weniger. Auf ihn strömt das akkretierende Material von einem Begleitstern über. Dabei regnet es nicht kontinuierlich herab, sondern in Akkretionsvorhängen. Während dieser Vorgänge bilden sich anscheinend auch Staubwolken, welche die noch helle Nova über Tage verdunkeln und dann von der intensiven Strahlung aufgelöst werden. Wenn das übergeströmte Material auf der Oberfläche des Weißen Zwergs eine kritische Dichte und Temperatur überschreitet, kommt es nuklearen Explosionen, bei denen große Mengen an Energie frei werden und der Weiße Zwerg viele tausend Mal heller leuchtet als in Ruhephasen. Mit diesen Vorgängen könnte auch die ungewöhnliche Lichtkurve der nun beobachteten Nova Sgr 2015 No. 2 erklärt werden. Aber nur eine lückenlose Lichtkurve und spektroskopische Beobachtungen werden diesen interessanten Fall aufklären.
Aus diesem Grund überwacht auch das robotische 1,2-Meter-Teleskop TIGRE der Universitäten Hamburg, Guanajuato (GTO) und Liège, das in Guanajuato, Mexiko, steht, die Nova jeden Morgen mit hoher spektroskopischer Auflösung. Das TIGRE-Beobachterteam wird von den Astrophysikern Dennis Jack in Guanajuato und Ivan De Gennaro Aquino in Hamburg geleitet. Es steht eine sehr spannende und arbeitsintensive Auswertephase bevor, angesichts der reichen Ausbeute an Spektren. Es liegen mit Stand 13. April 2015 schon Daten von 18 verschiedenen Tagen vor. Die Wasserstoffemissionslinien zeigen eine Expansionsgeschwindigkeit der Explosionswolken von etwa 1000 Kilometer pro Sekunde mit komplexen Unterstrukturen.
Langsame Novae sind selten, weil es bei einem massearmen Weißen Zwerg länger dauert, bis es zur Explosion der angesammelten Wasserstoffschicht kommt. Dafür hält dann aber die Helligkeit oft über Monate an, bis man einen Abfall von zwei bis drei Größenklassen gegenüber dem Maximum verzeichnet. Bekannter sind schnelle Novae, bei denen ein schon sehr massereicher Weißer Zwerg nahe seiner Stabilitätsgrenze – dem Chandrasekhar-Limit von 1,4 Sonnenmassen – relativ häufige Wasserstoffexplosionen erlebt. Sie ereignen sich in Abständen von nur Jahrzehnten oder Jahrhunderten.
Bei einer absoluten Helligkeit der Nova Sgr 2015 No. 2 von grob geschätzt um die -8 mag und vielleicht 1 mag an interstellarer Absorption ergibt sich eine Entfernung von 5200 Lichtjahren. Sie leuchtet geschätzt etwa mit der 100 000-fachen Leuchtkraft unserer Sonne. Obwohl dieser Ausbruch über mehrere Wochen sichtbar ist, reicht es aus, weniger als ein Millionstel einer Sonnenmasse an Wasserstoff zu verbrennen, um dieses Phänomen zu erzeugen. Die dabei abgestoßene Hülle einer Nova ist im Gegensatz zu einer Supernova auch sehr dünn, etwa in der Größenordnung eines Hundertstels der Sonnenmasse.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben