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News: Nur scheinbare Sicherheit

Selbst wenn im Blut keine HI-Viren mehr nachzuweisen sind, können im Sperma noch infektiöse Vorstufen auftreten, die bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr den Partner anstecken könnten. Wer das AIDS-Virus in sich trägt, sollte darum nach Meinung amerikanischer Wissenschaftler auch bei erfolgreich verlaufender Therapie weiterhin nur safer sex betreiben.
Manche Wissenschaftler sind der Ansicht, daß eine Behandlung mit der richtigen Art und Menge von Medikamenten geeignet sei, das HI-Virus im Körper auszurotten, sagt Roger J. Pomerantz von der Thomas Jefferson University in Philadelphia. Doch diese Hoffnung ist bisher nicht mehr als eben eine Hoffnung. Die Ergebnisse seiner neuen Studie weisen jedenfalls in eine andere Richtung: "Danach sollten Sie sich selbst als potentiell ansteckend ansehen und nur safer sex betreiben, auch wenn in Ihrem Blut keine nachweisbaren Viren sind und Sie hochaktive Medikamente nehmen", rät der Wissenschaftler (The New England Journal of Medicine vom 17. Dezember 1998, Abstract).

Pomerantz und seine Mitarbeiter haben sieben Männer untersucht, die alle eine hochaktive antiretrovirale Therapie (highly active antiretroviral therapy, HAART) durchliefen. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Hemmstoffen der Protease – einem Enzym, das Proteine spaltet – und der reversen Transkriptase – dem typischen Enzym für die Gruppe der Retroviren, zu denen auch das HI-Virus gehört. Bei allen sieben Patienten war seit Monaten kein Virus im Blut oder Sperma nachzuweisen. Unter Nutzung der Polymerase-Kettenreaktion – einer Art biochemischer Kopiermaschine für Nukleinsäuren – fanden die Wissenschaftler allerdings bei vier Männern ein HIV-Provirus – eine Vorform des HI-Virus.

"Die Frage war dann, ob es ein defektes Virus oder aber zur Vermehrung fähig war", sagt Pomerantz. Als die Forscher Zellen mit dem Provirus in Kulturen von nichtinfizierten Blutzellen zogen, entwickelten sich richtige HI-Viren. Dabei handelte es sich um die M-tropische Variante, welche die Makrophagen unter den weißen Blutkörperchen befällt. Dieser Virentyp kann beim Geschlechtsverkehr weitergegeben werden.

Auf der Suche nach dem Grund, warum die Proviren trotz der Therapie noch im Samen zu finden waren, überprüften die Wissenschaftler, ob die Viren vielleicht durch Mutationen resistent gegen die Arzneien sind. Doch es fanden sich keine entsprechenden Anhaltspunkte. Pomerantz geht deshalb davon aus, daß die Viren möglicherweise direkt nach der Infektion als Provirus in die Zelle integriert wurden und seitdem latent in der Zelle vorliegen. Dabei kann es jederzeit zu plötzlichen kleinen Vermehrungen von Viren in lokal begrenzten Bereichen des männlichen Genitaltraktes kommen.

Zwar ist noch nicht sicher, ob das Provirus wirklich weitergegeben werden kann, doch Pomerantz warnt: "Auch wenn Sie alle Viren, die sich gerade vermehren, hemmen, haben Sie dennoch Proviren im Blut – und wie wir jetzt wissen im Sperma –, die dort lauernd abwarten."

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