Russische Marssonde: Nur wenig Hoffnung für Phobos-Grunt
Die Hoffnung schwindet in Moskau immer mehr in Hinblick auf einen erfolgreichen Flug zum Mars und seinem Mond Phobos. Rund eine Woche nach dem Abheben der Zenit-Trägerrakete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan befindet sich die neue Raumsonde Phobos-Grunt nach wie vor auf einen niedrigen Erdumlaufbahn (wir berichteten). Bislang waren alle Versuche, von der Erde aus mit der Sonde Kontakt aufzunehmen, vergebens, sie reagiert auf keine Funksignale. Auch konnten die Bodenstation weltweit keine Telemetrie-Daten der Sonde auffangen, die Auskunft über den technischen Zustand von Phobos-Grunt geben könnten. Die Bahnverfolgung mittels optischer Teleskope von der Erde aus zeigt, dass die Sonde nicht taumelt und ihre Solarzellenflächen aktiv auf die Sonne ausrichtet.
Nach Auskunft des Chefs der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Wladimir Popowkin, wird die Erdumlaufbahn von Phobos-Grunt bis Januar 2012 stabil bleiben. Allerdings schließt sich Anfang Dezember das Fenster zum Einschuss der Sonde mittels der Bordtriebwerke in eine Erdfluchtbahn in Richtung Mars. Spätestens dann muss Phobos-Grunt als Weltraummüll betrachtet werden.
Unklar ist allerdings, ob die rund elf Tonnen Treibstoff an Bord der Sonde beim Eintritt explodieren. Sollte jedoch die Temperaturregelung der Treibstofftanks ausgefallen sein, so könnten die Treibstoffe gefrieren. Nach Ansicht des US-amerikanischen Raumfahrtexperten James Oberg bestünde somit die Gefahr, dass ein Teil des Treibstoffs als gefrorene Klumpen auf dem Erdboden ankommen könnte. An Bord von Phobos-Grunt befinden sich die Treibstoffe Hydrazin und Distickstofftetroxid, beide sind chemisch sehr reaktionsfreudig und für den Menschen äußerst giftig.
Die Wahrscheinlichkeit ist zur Zeit sehr hoch, dass Russlands neuer Vorstoß ins Sonnensystem 15 Jahre nach dem letzten Startversuch erneut ein Fehlschlag ist. Russland, beziehungsweise der früheren Sowjetunion, ist es trotz vielfacher Versuche seit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters vor mehr als einem halben Jahrhundert niemals gelungen, eine wirklich erfolgreiche Sonde zum Mars zu entsenden.
Tilmann Althaus
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