Den Schutt einer Ofenwerkstatt, die vermutlich im Mai 1631 bei der Eroberung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt wurde, entsorgten die Einwohner in einer Grube und erhielten so Tausende von Bruchstücken einzigartiger Kacheln und Modeln für die Nachwelt. Archäologen des Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt entdeckten die Keramikfragmente jetzt bei Ausgrabungen unweit des Klosters Unser Lieben Frauen.

Der Fund mache außerdem die Erstürmung Magdeburgs zum ersten Mal überhaupt archäologisch fassbar, berichtet Andrea Pieper vom Landesdenkmalamt Sachsen-Anhalt. Der Ausgrabungsleiterin zufolge war historische Ereignis bislang nur aus Chroniken rekonstruierbar.

Den Datierungen der Kachel-Stile zufolge brach die Produktion im ersten Drittel der 17. Jahrhunderts plötzlich ab. Hoch wahrscheinlich sei es daher, dass die Zerstörungen tatsächlich auf den Dreißigjährigen Krieg zurückgehen, erklärt ihr Kollege Thomas Weber. Zumal auch Brandspuren an den stark zerscherbten Keramiken auf eine Feuersbrunst hindeuteten. Reste der Töpferwerkstatt selbst wurden dagegen noch nicht aufgefunden.

Viele der Kacheln zeigen Herrscher wie den Markgraf von Brandenburg sowie Allegorien und Bibelszenen. Nach Auskunft des Archäologen Hans-Georg Stephan von der Universität Halle handele es sich um den ersten Fund einer auf Ofenkacheln spezialisierten Werkstatt in Europa. Die Fülle an neuen Erkenntnissen über Gestaltung und Material solcher Kacheln soll in Zukunft helfen, historische Öfen zu rekonstruieren.

Magdeburg wurde im Mai 1631 Schauplatz des vermutlich größten Massakers im Dreißigjährigen Krieg. General Tilly, der Anführer der katholischen Liga – einem Zusammenschluss von gegenreformatorisch gesinnten Fürstentümern – und der ebenfalls aufseiten der Katholiken kämpfenden Truppen Kaiser Ferdinands II., ließ die protestantische Stadt in einen Trümmerhaufen verwandeln. Rund 20 000 bis 30 000 Menschen fanden bei der Erstürmung den Tod, nur wenige tausend Einwohner überlebten.