Offene Galerie: Megaprojekt scannt mehr als 13000 Wirbeltiere
Naturkundemuseen mit ihren oft übervollen Beständen stünden vor einem Dilemma, sagt David Blackburn vom Florida Museum: Zum einen wolle man seine empfindlichen Exponate möglichst gut vor schädlichen Einflüssen bewahren, zum anderen wolle man der Öffentlichkeit am liebsten alles zeigen, was man an Schätzen im Bestand hat. Beides zugleich umzusetzen: schwierig.
Einen Mittelweg hat Blackburn nun mit Hilfe von 3-D-Röntgenscans beschritten. Über sechs Jahre hinweg und in Zusammenarbeit mit 18 Einrichtungen hat sein Team eine Datenbank mit Computertomografien von mehr als 13 000 Wirbeltieren gefüllt und frei zur Verfügung gestellt. Vom Künstler über interessierte Laien bis zur Anatomiexpertin habe nun jeder kostenlosen Zugriff auf das Innenleben der Tiere. Auch für den Biologie-Unterricht hoffen die Initiatoren des Projekts OpenVertebrate (oVert) nützliches Material zur Verfügung stellen zu können.
Auf der Webseite MorphoSource kann man die Scans aufrufen, eine Auswahl gibt es auf Sketchfab. In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins »BioScience« haben sie eine Zusammenfassung ihrer Arbeit publiziert.
An den Scans lässt sich nicht nur der Aufbau des Skeletts studieren, sondern auch Eigenschaften anderer Organe wie der Körperoberfläche, sofern diese im Röntgenbild sichtbar sind. Einige Exemplare wurden vor dem Scan mit Kontrastmittel behandelt. Bereits bei den Aufnahmen seien ihnen überraschende Einblicke gelungen, erzählt etwa der Schlangenexperte Edward Stanley, ebenfalls vom Florida Museum, der das Projekt zusammen mit Blackburn leitete. Bei Scans einer afrikanischen Stachelmaus entdeckte er so genannte Osteoderme im Bereich des Schwanzes. Zuvor habe man angenommen, dass unter den lebenden Säugetieren allein Gürteltiere solche Knochenplatten in der Haut hätten, erzählt Stanley in einer Mitteilung des Museums. Ein Zufallsfund, der vielleicht untergegangen wäre, wenn nicht ausgerechnet er als Osteodermen-Fachmann diese Mäuse gescannt hätte.
Andere Scans verraten, was eine Östliche Hakennasennatter (Heterodon platirhinos) vor ihrem Tod vergeblich zu verschlingen versuchte (eine Kröte) und was sie offenbar einige Zeit zuvor gefressen hatte (einen Salamander, der noch immer weiter hinten in ihrem Verdauungstrakt steckte).
Mit Hilfe von oVert konnte eine Forschergruppe auf Basis von 500 Exemplaren nachweisen, dass Frösche im Lauf ihrer Evolution mehr als 20-mal Zähne verloren und erneut ausgebildet haben. Auch Dinosaurier sind Bestandteil der Datenbank. Die Scans brachten eine Forschergruppe bereits 2022 zu dem Ergebnis, dass der gewaltige Spinosaurus wohl doch kein Wasserbewohner war wie lange vermutet.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.