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Botanik: Ohne geht's nicht

Obwohl unsere Luft reich an Stickstoff ist, können nur wenige Pflanzen diese wichtige Nährstoffquelle nutzen - und das auch nur indirekt: Spezialisierte Untermieter, die so genannten Knöllchenbakterien, fixieren das Gas und geben es in verwertbarer Form weiter. Allerdings funktioniert dies nur, wenn die Pflanzen ihrerseits mittels bestimmter Proteine eine entsprechend geeignete Umgebung schaffen.
Im Reigen der Pflanzennährstoffe spielt Stickstoff eine herausragende Rolle, da er wesentlicher Bestandteil vieler wichtiger Verbindungen in Pflanzen ist, so zum Beispiel des grünen Blattfarbstoffes und aller Eiweiße. Während die Pflanzen den Kohlenstoff der Luft als Kohlendioxid über die Blätter aufnehmen können, können sie aber den Luftstickstoffs nicht nicht direkt nutzen, obwohl die Luft 78 Prozent Stickstoff enthält.

Pflanzen der Ordnung Leguminosen, zu denen Erbsen, Bohnen oder Klee zählen, haben jedoch einen Weg gefunden: Sie leben mit Bakterien in einer Zweckgemeinschaft, die für sie den molekularen Luftstickstoffs verfügbar machen. So können unter günstigen Bedingungen auf diese Art mehr als 200 Kilogramm pflanzenverfügbarer Stickstoff pro Hektar und Jahr gewonnen und Dünger eingespart werden.

Dass hinter der Stickstofffixierung Bakterien stecken, ist seit der Arbeiten der deutschen Chemiker Hermann Hellriegel und Hermann Wilfarth Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt: Sie beschrieben erstmals die an den Wurzeln von Leguminosen auftretenden Knöllchen. Sie werden von den spezialisierten Bakterien – den Rhizobien – hervorgerufen, die in die Wurzeln der Leguminosen eindringen und dort die Neubildung von Zellen anregen, um diese Knöllchen dann zu besiedeln.

Lotus japonica | Wildtyp von Lotus japanicus (links) im Vergleich zu ihrer Artgenossin (rechts), deren Leghämoglobin-Synthese durch RNA-Interferenz unterdrückt wurde.
Begleitet wird die Bildung und Entwicklung der Knöllchen durch das Anschalten, also die Aktivierung, knöllchenspezifischer pflanzlicher Gene. Und während die Pflanze lebensnotwendige Kohlenstoffverbindungen aus der Fotosynthese an die Bakterien abgibt, erhält sie dann, sobald sich die Wurzelknöllchen etabliert haben, von den Bakterien Stickstoffverbindungen. Katalysiert wird der Vorgang der N2-Bindung in den Bakterien durch das sauerstoffempfindliche Enzym Nitrogenase.

Doch müssen die Bedingungen stimmen, damit der gegenseitige Austausch funktioniert. Seit fast vierzig Jahren stehen bestimmte Eiweiße, die Leghämoglobine, im Verdacht, diese physiologische Leistung zu ermöglichen. Jetzt konnten Wissenschaftler um Thomas Ott vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam den theoretischen Verdacht auch tatsächlich in Pflanzen bestätigen.

Leghämoglobin wird durch ein knöllchenspezifisches pflanzliches Gen – das Nodulin – gebildet. Das Eiweiß dient in der Pflanze, ähnlich wie das Hämoglobin beim Menschen, dem Transport und der Speicherung des für Energieprozesse notwendigen Sauerstoffs. Und damit spielt es eine entscheidende Rolle, denn die zuvor erwähnte Nitrogenase ist extrem sauerstoffempfindlich.

Knöllchen | Wurzelknöllchen von Lotus japonicus: Größe und Färbung der Wurzelknöllchen des Wildtypes wird hervorgerufen durch die hohe Konzentration an Leghämoglobin.
Mithilfe von RNA-Interferenz (RNAi), durch die nicht das spezifische Gen, sondern seine funktionalen Produkte wie Boten-RNA und Protein ausgeschaltet werden, gelang es den Wissenschaftlern nun, die Bildung von Leghämoglobin in der Modellpflanze Lotus japonicus vollkommen zu unterdrücken. Und infolge des fehlenden Leghämoglobins zeigten die Pflanzen deutlichen Stickstoffmangel, obwohl Rhizobien vorhanden und Wurzelknöllchen gebildet wurden.

Bei Düngung mit Stickstoff entwickelten sich die Versuchspflanzen genauso gut wie die ungedüngten Kontrollpflanzen. Ganz offensichtlich waren die Pflanzen nicht mehr in der Lage, mit Hilfe der Bakterien Luftstickstoff zu binden.

In weiteren Untersuchungen konnten die Pflanzenphysiologen zeigen, dass einerseits der Sauerstoffgehalt in den Knöllchen erhöht war und andererseits das Enzym Nitrogenase nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Durch das Fehlen von Leghämoglobin konnte der Sauerstoff in den Knöllchen also nicht mehr abgepuffert werden – und das für die Nitrogenasesynthese zuständige bakterielle Gen wurde abgeschaltet. Ohne Nitrogenase aber kann der Luftstickstoff nicht mehr fixiert werden und Stickstoffmangel tritt auf.

"Mit unserer Arbeit haben wir zweifelsfrei nachgewiesen, dass Leghämoglobin auf Grund seiner Fähigkeiten zur 'Sauerstoffpufferung' und zum Sauerstofftransport essenziell für die bakterielle Stickstofffixierung ist", erklärt Ott.

Keine grundlegende Voraussetzung stellte es dagegen für das Pflanzenwachstum und die Pflanzenentwicklung dar: Denn Stickstoffmangelsymptome infolge der fehlenden Stickstofffixierung konnten im Experiment durch Düngung ausgeglichen werden.

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