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News: Ohne Schwerkraft keine festen Knochen

Kehren Astronauten nach ihren mitunter monatelangen Reisen zur Erde zurück, sind ihre Knochen mürbe und brüchig. Osteoporose ist eine der nachhaltigsten Nebenwirkungen von Raumflügen. Bei Parabelflügen beobachtete ein Forscher nun, wie bedeutsam die Schwerkraft bei der Bildung stabiler Knochenmasse ist.
Es ist noch gar nicht lange her, da wiesen Forscher nach, dass Männer- und Schafsknochen kräftiger und dichter werden, wenn sie joggen beziehungsweise per Vibrator geschüttelt werden. Bewegung ist also die Devise - nur, was passiert eigentlich genau bei der Bildung von Knochenmasse und wie kann Astronauten geholfen werden, die während eines achtmonatigen Raumflugs soviel Knochensubstanz abbauen, wie ein normaler Erdenbürger zwischen dem 50. und 60. Geburtstag?

Antworten darauf liefert nun Xiang Yang Liu von der National University of Singapore. Er ging an Bord eines jener Flugzeuge, die während eines Parabelflugs die Schwerkraft auszutricksen vermögen - für rund 20 Sekunden jedenfalls. Und in dieser Zeit beobachtete Liu, wie sich in einer Calciumcarbonat-Lösung Kristalle bildeten.

Minerale können grundsätzlich auf zweierlei Weise ausfällen. Entweder kristallisieren sie in großer Zahl an so genannten Keimen in der übersättigten Lösung aus, oder sie wachsen an großen Kristalloberflächen. Und beide Formen – die homogene und die heterogene Kristallisation – spielen auch beim Aufbau der Knochensubstanz eine Rolle.

Die besteht vornehmlich aus Hydroxylapatit - einem Calciumphosphat mit der chemischen Zusammensetzung Ca5(PO4)3(OH), das in einer Matrix aus weichem und elastischem Kollagen gebildet wird. Bestimmte Knochenzellen, so genannte Osteoblasten und Osteoklasten, produzieren beziehungsweise resorbieren das Mineral und reagieren so auf die unterschiedliche Belastung der Knochen. Ist dieses Gleichgewicht gestört, kann es zur Osteoporose kommen, einer Schwächung der Knochen, die vornehmlich ältere Menschen betrifft.

Bei der homogenen Kristallisation fällt Hydroxylapatit in der Flüssigkeit zwischen den Osteoblasten aus, und zwar, wenn diese mit Calcium und Phosphat übersättigt ist. Diese Kristalle binden sich nicht an die Kollagenfasern und tragen somit nicht zum Aufbau stabiler Knochen bei.

Bei der heterogenen Kristallisation bildet sich die Knochensubstanz indes an den Kollagenfasern und führt so zu einem kompakten und kräftigen Knochenbau. Sie erfolgt unter der Einwirkung der Schwerkraft, denn dann sinken die übersättigten Anteile aufgrund ihrer höheren Dichte ab und bilden innerhalb der Flüssigkeit zwischen den Osteoblasten Konvektionsströme aus. Folge dieser Strömungen ist, dass die heterogene Kristallisation - der stabile Knochenaufbau also - hier auf Erden überwiegt. Ebendieser Effekt verstärkt sich bei Joggern und geschüttelten Schafen.

Aber zurück an Bord des Zero-G-Fliegers. Hier beobachtete Liu nun, dass die Kristallisation von Calciumcarbonat aus einer gesättigten Lösung vor dem Parabelflug - wie erwartet - heterogener Natur war. Die Kristalle wuchsen also vornehmlich in den dichteren, übersättigten Teilen der Lösung. Fiel die Schwerkraft indes aus, blieben auch die Konvektionsströme aus, und die Kristalle bildeten sich gleichmäßig und ohne größeren Zusammenhang.

Und da Knochen ohne diese Konvektionsströme nicht stabil werden, sind Astronautenknochen porös und spröde. Aber vielleicht könnte man die Raumfahrer ja einfach ordentlich durchschütteln - so wie die Schafe.

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