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News: Ohne Wasser bricht der Stein

Dort, wo sich schwere ozeanische Kruste unter die leichteren Kontinente schiebt, könnte ein Mineral angesichts hoher Drucke und Temperaturen sein Wasser verlieren, zerbrechen und schwere Erdbeben auslösen.
Serpentinit unter Druck
Serpentinit oder Schlangenstein (serpens, lat.: Schlange), ein hübsches, grünes Gestein, welches mitunter - in trügerischer Absicht - als Jade verkauft wird, genießt seit alters her den Ruf, gegen Kopfschmerz, Wahnsinn und Schlafsucht zu wirken - und natürlich gegen Schlangenbisse.

Einer weiteren Wirkung des Allheilmittels kamen jetzt Forscher um David Dobson von der Universität Bayreuth auf die Spur: Erdbeben. Nein, der Serpentinit hilft nicht gegen Erdbeben, sondern er löst sie aus. Und zwar, wenn er unter hohem Druck steht und erhitzt wird.

In der Natur finden sich solche Umstände insbesondere an Subduktionszonen, dort also, wo schwere ozeanische Kruste auf leichte kontinentale trifft und sich infolge plattentektonischer Vorgänge darunter schiebt. Rings um den Pazifik ist dies beispielsweise der Fall. In Tiefen von 50 bis 600 Kilometern kommt es dabei immer wieder zu Erdbeben, über deren Ursache die Forscher bislang nur spekulieren konnten.

Wenigstens im Labor könnten David Dobson von der Universität Bayreuth und seine Kollegen dem Rätsel nun auf die Spur gekommen sein. In einer Diamant-Druckstempelzelle hatten die Wissenschaftler einige Millimeter große Serpentinitproben unter allseitige Drucke von 1,5 bis 8,5 Gigapascal gesetzt, bis auf 900 Grad Celsius erhitzt und auf diese Weise den Weg des Serpentinits in die Tiefe des Erdmantels simuliert.

Dabei beobachteten sie, dass sich der Serpentinit unter Bedingungen, wie sie im oberen Erdmantel zwischen 50 bis 200 Kilometern Tiefe herrschen, höchst ungewöhnlich verhält. Denn die kleine Probe verformte sich nicht etwa plastisch - wie man es unter diesen Umständen erwarten würde -, sondern zerbrach spröde und sandte dabei energiereiche Ultraschallwellen aus, so genannte akustische Emissionen. Unter dem Mikroskop offenbarte sich, dass der Serpentinit zu diesem Zeitpunkt offenbar schlagartig dehydrierte.

Die Forscher sind sich sicher, dass sich solche akustischen Emissionen in serpentinithaltiger ozeanischer Kruste in ihrer Gesamtheit durchaus zu schwersten Erdbeben summieren können.

Bleibt nur ein Problem: Zwar sind die Gesteine der atlantischen Ozeankruste voll mit Serpentiniten, nur wird hier nirgends Kruste subduziert. Dies geschieht vornehmlich entlang der Küsten rings um den Pazifik. Und ausgerechnet hier sind die Serpentinite, abgesehen von einigen Ausnahmen, praktisch nicht vorhanden. Immerhin könnte es sein, dass sich das Mineral erst auf dem Weg in die Tiefe bildet - um noch weiter unten wieder zu zerspringen. Doch nachgewiesen ist das bislang nicht.

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