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News: Optik ist gut fürs Hirn

Macht die Armada von Bärchen, Häschen und Mobiles an Wiege und Kinderwagen Sinn? Fördern wir damit die Intelligenz unserer Kinder, fragen sich besorgte Eltern. Hätte man eine Kaulquappe, würde es zumindest nicht schaden.
Zum Zeitpunkt der Geburt ist das komplizierte Flechtwerk der Nervenzellen im Gehirn meist noch recht unvollkommen. Eine Vielzahl von Verbindungen muss zwischen den Zellen geknüpft werden, bestimmte Verzweigungen verstärkt, andere hingegen zum Wohl des Ganzen abgebaut werden. Die Frage, ob etwa Stimulationen aus der Umgebung einen großen Einfluss auf die sich noch entwickelnde Hirnstruktur haben könnten, wird in den letzten Jahren heiß diskutiert. Nun gibt es ein neues Beispiel, das für die fördernde Wirkung äußerer Reize aufs Gehirn spricht.

Als Versuchsobjekt nutzten Holly Cline und seine Mitarbeiter vom Cold Spring Harbor Laboratory Kaulquappen, da sich solche Versuche an Kindern von selbst verbieten. Cline und sein Team richteten ihr Augenmerk auf einen speziellen Bereich im Gehirn, der dem menschlichen Colliculus superior entsprechen soll. Hier werden so komplizierte Vorgänge wie Essen und Sport treiben koordiniert, deren Bewegungen von optischen Eindrücken gelenkt werden.

Um die sich bildenden Verzweigungen unter den Nervenzellen beobachten zu können, versahen die Neurologen die Zellen aus dem speziellen Gehirnareal mit einem grün fluoreszierenden Protein. Wuchs während des Experiments aus einem der Nervenzellen ein langen Fortsatz auf eine benachbarte Nervenzelle zu, konnten sie diese sich anbahnende Verknüpfung unter dem Mikroskop verfolgen.

Nachdem die Kaulquappen vier Stunden in einer dunklen Kammer darben mussten, durften sie in ein helles Becken wechseln, in dem sich eine Vielzahl visueller Stimuli bewegte. Und tatsächlich streckten die Neurone eifrigst ihre Fühler aus, denn als Reaktion auf die vielfältigen Reize sprossen viele neue Nervenfortsätze auf ihre Nachbarzellen zu. Zusätzlich verstärkte sich die Stabilität der bereits bestehenden Verbindungen.

Anschließend machten sich die Forscher auf die Suche nach den Proteinen, die für diese lichtabhängigen Veränderungen der Hirnstruktur verantwortlich sind – und wurden fündig. Mit zwei Oberflächenproteinen, dem NMDA- (N-Methyl-D-Aspartat) und dem AMPA-Rezeptor sowie der Kinase Cdc42 und dem kleinen, GTP-bindenden Protein Rac, offenbarten sich vier Proteine, deren erhöhte Aktivität eine wichtige Rolle spielt, während zwei weitere Proteine – RhoA und ROK – den hemmenden Part übernehmen.

Mit diesem feinen Zusammenspiel an Faktoren, die das Wachstum sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können, stellt das Gehirn sicher, dass es weder zu viele, noch zu wenige Nervenverbindungen ausbildet. Doch was für Kaulquappen gut ist, muss sich beim Menschen noch lange nicht genauso auswirken. Aber ein buntes Mobile über dem Kinderbett kann wohl kaum schaden. Schließlich freuen sich meist auch die Erwachsenen daran, vielleicht sogar mehr als das Kind.

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