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News: Orientierungslose Chromosomen

Entstehung und Wachstum eines Tumors sind eigentlich getrennte Prozesse. Doch bei der Untersuchung von Darmkrebs haben zwei Gruppen von Zellbiologen entdeckt, dass beide Prozesse durch die Aktivität eines Gens miteinander verbunden sein können: Während die Chromosomen einer sich teilenden Zelle gerecht aufgeteilt werden sollen, finden manche keinen Halt an der Mitosespindel und irren verloren herum. Nach einigen aufeinanderfolgenden Zellteilungen können somit die Chromosomen sehr ungleich verteilt sein - eine Voraussetzung für die Krebsentstehung.
Darmkrebs genießt eine traurige Berühmtheit. Weltweit werden jedes Jahr über 782 000 neue Fälle diagnostiziert. Die Krankheit liegt damit hinter Lungenkrebs auf Platz zwei der häufigsten Todesfälle durch Krebs. Zwischen fünf und zehn Prozent der Krankheitsfälle sind vererbt. Sowohl die vererbten als auch die spontan auftretenden Erkrankungen weisen eine Mutation im so genannten APC-Gen auf. Bis jetzt konnten Forscher dem APC-Protein etliche Funktionen zuordnen, doch seine Rolle in gesunden Zellen war bislang noch unverstanden. An diese Aufgabe machten sich zwei unabhängige Teams, doch richtig einigen können sie sich mit ihren Ergebnissen nicht.

Um die Auswirkungen des APC-Gens auf die Zellteilung zu untersuchen, ließ das Team um Inke Näthke von der University of Dundee embryonale Stammzellen aus Mäusen sich ungehemmt vermehren. Während normale Zellen sich programmgemäß teilten und somit auch ihre Chromosomen auf beide entstehenden Zellen gerecht verteilten, verhielten sich Zellen mit einer Mutation im APC-Gen chaotischer. Normalerweise reihen sich die Chromosomen während einer Zellteilung in der Zellmitte auf – dem so genannten Äquator –, bevor die Schwesterchromatiden voneinander getrennt werden und an die entgegen gelegenen Seiten der Zelle wandern. Schnürt sich die Zelle dann in der Mitte ein, bekommen beide Tochterzellen einen vollständigen Satz der Erbinformation.

Die mutierten Zellen hingegen verhalten sich anders: Nach erfolgter Aufreihung in der Zellmitte bleiben die Chromatiden an ihrem Platz, statt getrennt nach rechts und links zu wandern. Nach einigen Zellteilungen war die Chromosomenzahl ziemlich beliebig, je nachdem wie viele die Zelle bei jeder Teilung abbekommen hatte. Dies ist charakteristisch für Tumorzellen. Nach den Ergebnissen von Näthke ist das APC-Protein in die Kinetochoren eingebettet: Chromosomen-Strukturen, die direkt an ihrem Transport zu den Zellseiten beteiligt sind. So könnte ein Fehler im Gen für den verhängnisvollen Anheftungsfehler verantwortlich sein.

Und hier teilen sich die Meinungen der Forscher. Riccardo Foddle von der Universiteit Leiden, der das andere Team leitet, hat noch einen zweiten Verdächtigen auf der Fahndungsliste. So muss seiner Meinung nach das Bindungsprotein EB1 in der Nähe sein, um mit APC in Kontakt zu treten. "Die EB1-APC-Interaktion ist absolut notwendig", so Foddle. "Wir glauben, dass es der Schlüssel der ganzen Geschichte ist." Und auch Ergebnisse von Näthke, die das selbe gestörte Verhalten der Zellen ohne die Anwesenheit von EB1 beweisen, überzeugen ihn nicht. So sind sich zwar beide Teams einig, dass APC eine wichtige Rolle spielt, doch bei der Frage, ob es seinen Job alleine erledigt, spalten sich die Geister. Einem Laien allerdings könnte dies recht egal sein.

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