Die obsessive Beschäftigung mit gesunder Ernährung ist als »Orthorexie« bekannt. Bislang waren viele Fachleute der Meinung, dass es neben der pathologischen Variante auch eine »gesunde Orthorexie« gibt, bei welcher zwar ein Fokus auf gesunde Lebensmittel besteht, aber keine Anzeichen einer Essstörung vorliegen. Letztere Variante stellen nun Forscher um Camille Boutin von der Université du Québec en Outaouais in Frage.

Die rund 250 Studienteilnehmer stammten aus dem französischsprachigen Kanada und waren zu 86 Prozent Frauen. Beide Orthorexie-Formen wurden mit Hilfe eines etablierten Fragebogens erfasst. Die Skala zur pathologischen Orthorexie enthielt dabei Statements wie »Gedanken an gesundes Essen stören meine Konzentration bei anderen Aufgaben«. Für eine nicht krankhafte Orthorexie sprachen Aussagen wie: »Ich esse hauptsächlich Lebensmittel, die ich für gesund halte.«

Tatsächlich zeigten die Teilnehmer, die den harmloseren Statements zustimmten, in aller Regel ebenfalls Anzeichen der krankhaften Orthorexie. Es sei daher zweifelhaft, ob man diese beiden Ausprägungen trennen könne, so die Forscher. Orthorektiker legten mit höherer Wahrscheinlichkeit auch andere Merkmale von Essstörungen an den Tag, etwa häufiges Diäthalten oder Essanfälle. Zudem waren sie mit höherer Wahrscheinlichkeit Vegetarier und gaben an, viel Sport zu treiben. Die Wissenschaftler empfehlen daher, in therapeutischen Gesprächen über das Thema Ernährung persönliche Definitionen von gesunden Essgewohnheiten zu hinterfragen, insbesondere starke Restriktionen oder verbotene Lebensmittel.