News: Ozeane im Innern der Erde
Im Regelfall ist Gestein auf der Erde ziemlich trocken – viel trockener als zum Beispiel Meteoriten, die ebenfalls Wadsleyit enthalten. Erdgesteine bestehen meist nur zu einem Prozent aus Wasser. Wadsleyit dagegen enthält 3,3 Prozent Wasser. Das scheint nicht viel zu sein, bei der Menge an Wadsleyit jedoch, die sich den Wissenschaftlern zufolge in der Erde befindet, wäre dies drei bis fünf Mal soviel Wasser wie das Gesamtvorkommen auf der Oberfläche unseres Planeten, sagt Smyth. Seine Frage lautet: „Reguliert die Erde so die Wassermenge an der Oberfläche?“
Das Wadsleyit im Erdmantel ist einem Druck von ca. 21 Millionen kg/m² sowie einer Temperatur von etwa 1650 °C ausgesetzt. Es befindet sich in der oberen Hälfte der Übergangszone zwischen dem oberen und unteren Mantel. Der Erdmantel biegt sich nach oben und bricht stellenweise – durch vulkanische Öffnungen des Tiefseerückens in der Ozeanmitte, dort also, wo sich die Kontinentalplatten voneinander entfernen – bis zur Erdoberfläche durch. In der Gegenrichtung wird das Wasser möglicherweise durch Subduktionszonen in den oberen Mantel transportiert. Subduktionszonen befinden sich dort, wo die Platten miteinander verschmelzen. In dieser Region könnte, so Smyth, das Wadsleyit große Wassermengen lagern. Bei aufsteigenden Konvektionsströmen könnte das Wadsleyit dann schmelzen und beim Abkühlen des geschmolzenen Gesteins Wasserdampf in die Ozeane entlassen.
Es wurde bereits berechnet, wieviel Wadsleyit sich in der Erde befindet. Die große Frage aber ist: Wieviel Wasser ist wirklich im Wadsleyit enthalten? Dies versucht Smyth gegenwärtig durch Labortests zu beantworten. Für seine Versuche stellt er Wadsleyit im Laboratorium her, indem er zwei Diamanten in einem Schraubstock zusammenpreßt. Es entsteht ein Druck von ungefähr 21 Millionen kg/m². Sodann röntgt Smyth die Probe, um Wassergehalt und andere physikalische Eigenschaften zu bestimmen. Wie schnell das Mineral seismische Wellen überträgt, höngt von der Wassermenge im Wadsleyit. Haben seismische Wellen, die durch die Erde gesandt werden, die gleiche Geschwindigkeit, wissen die Wissenschaftler, wieviel Wasser sich innerhalb der Erde verbirgt.
Die Erdozeane existieren bereits mindestens vier Milliarden Jahre. Ihr Volumen ist in den letzten 500 Millionen Jahren fast konstant geblieben. Smyth zufolge spielen die „ inneren Ozeane“ vielleicht eine Rolle bei der Regulierung der Wassermenge.
1996 entdeckte Smyth auch das sogenannte Wadsleyit II, das Wasser unter einem noch größeren Druck in einem tieferen Abschnitt der Übergangszone lagern kann.
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