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Ozeane: Pazifische Grauwale schrumpfen

In den letzten Jahrzehnten schrumpfte die durchschnittliche Größe der Grauwale vor der nordamerikanischen Küste. Die Ursachen sind noch unklar.
Ein Grauwal schwimmt durch das blaue Meer. Das Bild wurde von einer Drohne gemacht und zeigt den gesamten Wal, der sich nahe der Oberfläche befindet und dessen Rücken teilweise aus dem Wasser herausschaut.
Nachdem der Bestand der Grauwale im Ostpazifik lange Zeit wieder zugenommen hatte, kehrt sich der Trend langsam wieder um.

Die Umwelt im Ostpazifik vor der nordamerikanischen Küste hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert: Regelmäßig tritt inzwischen eine Warmwasserblase in diesem Teil des Ozeans auf, wo ansonsten kühle Bedingungen dominieren. Immer wieder kommt es dadurch zum Massensterben von Seevögeln oder Meeressäugern, denen es in diesen Phasen an Nahrung mangelt. Bei einem Teilbestand an pazifischen Grauwalen, die dauerhaft in dieser Region leben, beobachte ein Team um Enrico Pirotta von der University of St Andrews noch eine andere Folge, die womöglich auf diese Veränderung zurückgeht: Die Durchschnittsgröße dieser Population ist seit der Jahrtausendwende signifikant zurückgegangen.

Die Arbeitsgruppe beobachtet seit Langem eine Gruppe von rund 200 Tieren, die nicht wie die meisten anderen Grauwale des Nordpazifiks in die Arktis ziehen, um dort außerhalb der Fortpflanzungszeit zu fressen. Sie bleiben stattdessen näher vor der Küste von Oregon und damit im Einflussbereich der Blob genannten Warmwasserblase, die dort ebenfalls seit 2000 gehäuft auftritt. Erste Studien hatten bereits gezeigt, dass diese Subpopulation der Grauwale durchschnittlich kleiner sind als ihre Artgenossen und sich zudem in einem schlechteren Allgemeinzustand befinden. Auch mit Hilfe von Drohnenaufnahmen haben Pirotta und Co die Tiere vermessen und in Relation zum Alter gesetzt.

Verglichen mit Tieren, die vor 2000 geboren wurden, fallen Wale, die um 2020 auf die Welt kamen, durchschnittlich um 1,65 Meter kürzer aus – das entspricht 13 Prozent der ursprünglichen Körperlänge. Weibchen waren davon stärker betroffen als Männchen, so dass sich der bisherige Größenunterschied zwischen beiden Geschlechtern verringerte: Die Walkühe übertreffen normalerweise die Bullen. Bereits die Jungtiere kommen kleiner und schmächtiger auf die Welt und machen diesen Rückstand zu früheren Generationen nicht mehr wett.

Die Forscher sehen einen engen Zusammenhang mit den veränderten Umweltbedingungen: Der Auftrieb kälteren und nährstoffreichen Wassers vor der nordwestamerikanischen Küste hat sich seit 2000 verringert beziehungsweise wurde zeitlich chaotischer, während Warmwasserphasen häufiger auftraten. Entsprechend hat sich die Menge an Plankton im Wasser verringert, was die gesamte Nahrungskette beeinträchtigt. Kurz: Die Grauwale finden – wie viele andere Arten entlang der Nahrungskette – in der Region weniger Futter und können weniger Energie in die Fortpflanzung und Aufzucht ihres Nachwuchses investieren. Die Kälber bleiben kleiner und schwächer.

Wie sich das langfristig auf die Grauwalbestände im Nordpazifik auswirkt, ist noch unklar. Denn auch die Tiere, die in die Arktis ziehen, sind von weit reichenden Veränderungen betroffen. Der Rückgang der Eisfläche dort beeinträchtigt ebenfalls die Nahrungsgründe. Nach Jahrzehnten der Bestandserholung könnte daher wieder ein deutlicher Rückgang einsetzen.

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