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Paläoanthropologie: Schwere Geburt schon beim Australopithecus

Schädel des Dikika-Kindes
Schwere Babys, ein langwieriger Geburtsvorgang und hilflose Neugeborene – diese drei Merkmale gelten als typische Kennzeichen menschlicher Fortpflanzung. Nur Homo habe dank seines ausgeprägten Soziallebens mit solchen Erschwernissen umgehen können. Nun aber zeigen Berechnungen, dass schon der einige Millionen Jahre ältere Australopithecus vergleichsweise schwergewichtige Kinder auf die Welt brachte.

Gewichtsverhältnisse von Mutter und Baby | DeSilva ermittelte das Verhältnis des Geburtsgewichts zum Gewicht der Mutter für verschiedene Hominiden. Deutlich zeigt sich, dass robuste und grazile Australopithecinen im menschlichen Bereich liegen, während der noch archaischere Ardipithecus den Schimpansen und Gorillas zugerechnet werden muss.
Das ermittelte Jeremy DeSilva von der Boston University anhand von statistischen Zusammenhängen, die für verschiedene Primaten gleichermaßen gelten. Insbesondere stützte er sich auf Skelettmerkmale wie den Oberschenkelkopfdurchmesser oder das Hirnvolumen, die bei Mensch und Affe in einem festen Verhältnis zum Geburtsgewicht stehen.

Das Geburtsgewicht der Australopithecinen machte seinen Berechnungen zufolge rund fünf Prozent des Gewichts der Mutter aus. Damit ähneln sie eher den schweren Homo-sapiens-Babys (Verhältnis: sechs Prozent) als Schimpansen-Neugeborenen (Verhältnis: drei Prozent). Der Ardipithecus, ein zeitlicher Vorläufer des Australopithecus, dürfte hingegen auf ein ähnliches Verhältnis wie heutige Schimpansenbabys gekommen sein.

Laut DeSilva musste demnach bereits der Australopithecus Mittel und Wege gefunden haben, mit seinen schweren Nachkommen umzugehen. Es koste nicht nur bereits in der Schwangerschaft mehr Energie, ein schweres Kind mit sich herumzutragen, hinzu komme auch, dass der beim Klettern hinderliche Nachwuchs die Futtersuche erschwert, gleichzeitig aber selbst gehaltvollere Nahrung benötigt. Sofern sie sich nicht Trageschlingen bauten, seien daher bereits Australopithecus-Mütter auf die Unterstützung von Verwandten oder des Kindsvaters angewiesen gewesen. (jd)
  • Quellen
Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 10.1073/pnas.1003865108, 2010

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