Paläontologie: Der Papagei, der aus der Kälte kommt
Die meisten Papageienarten leben heute in den Tropen und Subtropen. Nur wenige Hartgesottene wie die in Europa verwilderten Halsbandsittiche und die neuseeländischen Keas leben in Regionen, in denen es Eis und Schnee geben kann. Deshalb überraschte es Nikita Zelenkov von der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, als er auf einer Insel im Baikalsee ein besonderes Fossil fand: die Überreste eines Beinknochens, der zu einem Vorfahren der heutigen Papageien und Sittiche gehörte. Es handelt sich um den bislang am weitesten im Norden ausgegrabenen Überrest dieser Vogelfamilie. Er stammt allerdings aus der Zeit vor 16 bis 18 Millionen Jahren, als die globalen Durchschnittstemperaturen deutlich höher als heute lagen. In der Region um den Baikalsee dürften sie im Jahresmittel um die 15 Grad Celsius betragen haben. Dennoch freut sich Zelenkov über den Fund, denn er ist der erste Hinweis auf Papagei überhaupt, der aus Sibirien vorliegt.
Die Fundstätte, aus welcher der Fußknochen stammt, brachte bislang zahlreiche Tiere zum Vorschein. Doch handelte es sich dabei vor allem um die Knochen von Nagetieren, Nashörnern, Katzen und anderen Säugern, während die vielfach vorhandenen Vogelüberreste noch nicht näher untersucht wurden. Der Papagei ist momentan der erste Hinweis auf eine exotische Vogelfauna; die Größe des Tiers schätzt der Paläontologe ungefähr auf jene der heutigen Wellensittiche. Das Exemplar stützt jedenfalls die Vermutung, dass sich die Papageien von Australien aus über den eurasiatischen Landweg nach Afrika verbreiteten – andere Thesen gehen davon aus, dass sie diesen Kontinent besiedelten, indem Vorfahren den langen Flug über den Indischen Ozean gewagt hätten. Gleichzeitig hätten die Tiere damit auch über die Beringia-Landbrücke nach Nord- und von dort aus weiter nach Südamerika vordringen können. Neben Australien und den umliegenden Inseln besitzen die Tropen der Neuen Welt die größte Papageienvielfalt der Erde.
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