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Tarnung: Die Fliegenlarve mit dem Termitenkopf am Hintern

Termitenbauten werden von ihren Bewohnerinnen gut verteidigt. Mit einer raffinierten Tarnung schafft es eine Fliegenlarve dennoch, als Parasit unter den sozialen Insekten zu leben.
Eine weiße Larve, die aussieht wie eine Termite kriecht auf erdiger, brauner Oberfläche. Die Nahaufnahme zeigt die Details des Insekts, einschließlich seiner Fühler und der glänzenden Körperstruktur. Die Umgebung ist trocken und lehmig.
Niedlicher Hintern: Die Termitenkopf-Attrappe am Hinterende der Fliegenlarve ist Teil einer raffinierten und erfolgreichen Tarnung.

Um inkognito in einem Termitenbau zu überleben, hat die Larve einer speziellen Schmeißfliegenart eine raffinierte Tarntechnik entwickelt. Ihr Hinterteil ist die täuschend echte Attrappe eines Termitenkopfes – mit Fühlern, Augen und Tastpalpen. Außerdem ist ihr gesamter Körper mit Fortsätzen umgeben, die die Antennen der Termiten simulieren. Die nun im südlichen Marokko entdeckte Fliegenlarve ahmt außerdem den spezifischen Körpergeruch der Termiten nach, berichtet ein Team um Sämi Schär von der Universitat Pompeu Fabra in Barcelona. Wie das Team in der Fachzeitschrift »Current Biology« berichtet, ist die Larve in der Lage, sich in die Termitenkolonie zu integrieren und dort als Parasit zu leben.

Die Nester von sozialen Insekten bieten geschützte Lebensräume mit leichtem Zugang zu Nährstoffen. Entsprechend attraktiv ist es für andere Insekten, sich Zugang zu diesen Ressourcen zu verschaffen; doch die Nester werden gut verteidigt. Analog zu Parasiten, die im Körper ihres Wirts leben, müssen solche sozialen Parasiten sich präzise an die Umstände im Nest anpassen, um nicht von den Bewohnern entdeckt und getötet zu werden. Der nun in mehreren Nestern der Termitenart Anacanthotermes ochraceus entdeckte Parasit demonstriert nach Angaben der Fachleute, dass diese spezialisierten Anpassungen immer wieder in der Evolution auftauchen.

Die Larve gehört zur Familie der Schmeißfliegen – einer Insektengruppe, von der sozialer Parasitismus bisher nicht bekannt ist. Bereits vor 150 Millionen Jahren trennte sich diese Linie von anderen Fliegengruppen, die bekanntermaßen bei Staaten bildenden Insekten parasitieren; das Verhalten ist also eine Neuentwicklung. Eine Reihe von Anpassungen lässt die Fliegenlarven für Termiten aussehen wie eine Artgenossin. Aussehen ist allerdings das falsche Wort. Im Termitennest ist es stockdunkel, so dass sich die Insekten durch Tasten und chemische Signale identifizieren. Die Fachleute analysierten deswegen die von der Larve ausgehenden Gerüche; das Profil entspricht präzise dem der Kolonie, in der die Fliegenlarven gefunden wurden.

Zusätzlich erinnert die Kopfattrappe am Hintern der Larve an einen Termitenkopf mit Fühlern und den als Palpen bezeichneten Sinnesfortsätzen seitlich der Kiefer. Die »Augen« sind umgewandelte Atemöffnungen. Zusätzlich tragen die Larven am Rest des Körpers diverse Antennen-Attrappen. Termiten kommunizieren, indem sie sich gegenseitig mit den Antennen berühren; die Attrappen dienen möglicherweise dazu, auch von der Seite kommenden Termiten die Präsenz einer anderen Termite vorzugaukeln, bevor sie womöglich den überhaupt nicht termitig erscheinenden Körper der Larve entdecken. Wie das Team um Schär berichtet, ist die Täuschung so perfekt, dass die Termiten den Parasiten pflegen und sogar zu füttern versuchen. Allerdings am falschen Ende.

  • Quellen
Schär, S. et al. Current Biology 10.1016/j.cub.2025.01.007, 2025

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