Multiple Sklerose: Parkinson-Medikament lindert in Nagern MS-ähnliche Symptome
Bei multipler Sklerose werden die schützenden Myelinscheiden zerstört, die die Nervenzellaxone umhüllen. Bisherige Therapien versuchen, die damit einhergehenden Entzündungsreaktionen zu dämpfen, um so die weitere Zerstörung einzudämmen – ein Medikament, das die Regeneration der Myelinscheiden fördern würde, gibt es bisher jedoch nicht. In Zellkulturen und Nagern, die MS-ähnliche Läsionen aufweisen, zeigte nun jedoch Benzatropin überraschenden Erfolg. Der Wirkstoff wird bereits in der Behandlung von Parkinson-Patienten eingesetzt.
Bei Gesunden werden die schützenden Myelinscheiden regeneriert, indem so genannte Oligodendrozyten-Vorläuferzellen an die geschädigten Stellen wandern, dort heranreifen und schließlich das Myelin-Basische Protein (MBP) herstellen, einen wichtigen Bestandteil der Myelinscheide. Einige Studien deuten darauf hin, dass bei MS-Patienten dieses Heranreifen gestört ist. Forscher um Peter Schultz vom Scripps Research Institute in La Jolla untersuchten nun an 100 000 Molekülen, inwieweit sie den Reifungsprozess und die Produktion von MBP ankurbeln. Dabei entdeckten sie einige Kandidaten, die jedoch aus verschiedenen Gründen als Medikament nicht in Frage kommen. Doch auch Benzatropin erwies sich als erfolgreich [1].
Als die Wissenschaftler die Substanz anschließend in Mäusen mit MS-typischen Läsionen testeten, beobachteten sie, dass die Symptome deutlich abgeschwächt waren und dass sich die Myelinscheiden regenerierten. Prophylaktisch gegeben, schützte es die Mäuse, deren Myelinscheide allerdings nicht durch eine Entzündungsreaktion, sondern durch ein Toxin zerstört wurde, und förderte auch dort die Wiederherstellung der Schutzhülle.
Von einer möglichen therapeutischen Anwendung beim MS-Patienten ist die Substanz noch weit entfernt, zumal selbst der Wirkungsmechanismus noch nicht gänzlich geklärt ist. Die Autoren verweisen zudem auf die dosisabhängigen neurologischen und psychischen Nebenwirkungen von Benzatropin. Vielleicht aber finden sich ja ähnliche Substanzen mit vergleichbarer Wirkung, jedoch ohne die "dunkle Seite von Benzatropin", argumentieren Hartmut Weckerle vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried und Edgar Meinl von der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem begleitenden Kommentar [2].
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