Tierische Spenderorgane: Paviane überleben mit Schweineherzen
Für Menschen mit Herzkrankheiten ist ein Spenderherz oft die letzte Hoffnung – doch Spenderorgane sind notorisch knapp. Nun hat eine umstrittene Strategie, diesen Mangel zu beheben, einen wichtigen Schritt vorwärts gemacht: Dank eines deutlich verbesserten Transplantationsverfahrens überlebten Paviane nun über ein halbes Jahr lang mit transplantierten gentechnisch veränderten Schweineherzen. Der Tierversuch, den die Arbeitsgruppe um Bruno Reichart von der LMU München an insgesamt 14 Pavianen durchführte, ist nicht die erste Transplantation solcher Herzen – seit acht Jahren versuchen Fachleute sich an dieser Xenotransplantation. Bisher mit begrenztem Erfolg: Maximal überlebten die Tiere bisher 57 Tage. Reicharts Gruppe ist die erste, bei der transplantierte Herzen über die gesamte Versuchsdauer nicht versagten. Die beiden Tiere mit der längsten Überlebenszeit wurden nach 181 und 195 Tagen eingeschläfert, noch nie zuvor hat ein Lebewesen mit einem Spenderherz einer fremden Art so lange überlebt. Fachleute bezeichnen die Arbeit als Durchbruch.
In der Zeitschrift »Nature« berichtet das Team, wie sie systematisch die Ursachen für Herzversagen bei den transplantierten Tieren ausschalteten. Die Spenderherzen waren genetisch verändert, um zu verhindern, dass das artfremde Organ sofort abgestoßen wird: Ein Gen, das Zuckerstrukturen auf der Zelle beeinflusst, war ausgeschaltet, dafür trugen die Schweine Gene für zwei menschliche Membranproteine. In der ersten Versuchsgruppe, bei der die Herzen bloß mit Eis gekühlt wurden, starben drei der fünf transplantierten Tiere binnen eines Tages, keines überlebte länger als einen Monat. In der zweiten Gruppe aus vier Tieren schlossen die Mediziner die Herzen deswegen an eine Pumpe mit sauerstoffhaltiger Lösung an. Diese Tiere lebten länger, allerdings wuchsen ihre Herzen dramatisch, wurden zu groß für die Empfängertiere und zwängten die Leber ein, so dass beide Organe nach und nach versagten.
Um dieses Problem zu lösen, verabreichte das Münchener Team der letzten Paviangruppe zusätzlich Medikamente, die den Blutdruck senkten und das Wachstum des Herzens unterdrückten. Vier der fünf Tiere überlebten mindestens drei Monate; zwei von ihnen schläferten die Fachleute nach drei Monaten ein, weil das Studienprotokoll es so vorsah, zwei weitere überlebten insgesamt mehr als ein halbes Jahr. Der Erfolg macht viele Fachleute optimistisch, denn die international festgelegten Kriterien für Transplantationsversuche an Menschen sind mit dem Ergebnis in Reichweite: In einer Versuchsreihe müssen dafür 60 Prozent der Tiere mindestens drei Monate überleben – und zwar mindestens zehn Tiere. Diese Schwelle will die Arbeitsgruppe in den nächsten Versuchen überschreiten.
Allerdings sind diese Experimente nicht völlig unumstritten. Einerseits gibt es, wie bei vielen biotechnischen Anwendungen, ethische Bedenken – besonders aus tierethischer Sicht. Kritik entzündet sich an für derartige Forschungen nötigen Primatenversuchen, aber je nach Sichtweise auch an der Nutzung von Lebewesen als reines Ersatzteillager.
Andererseits sind für die weitere Entwicklung Menschenversuche nötig, und das Risiko für die Versuchspersonen ist bei solchen Transplantationen deutlich höher als bei Übertragungen zwischen Menschen. Insbesondere wenn sich herausstellen sollte, dass nur eine kleine Gruppe von Herzkranken überhaupt für Xenotransplantationen in Frage kommt, wäre die Rechtfertigung solcher Versuche fraglich. Außerdem steht zu befürchten, dass einfach verfügbare tierische Organe bei vielen Menschen die Bereitschaft verringern könnten, selbst Organe zu spenden; auch dass ein tierischer Krankheitserreger durch solche Transplantationen auf Menschen überspringt, ist im Bereich des Möglichen.
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